Letzte Aktualisierung:
23 April, 2008
JUNI |
1900 |
Bilder von der Einschiffung des Ostasiatischen Expeditionskorps in Bremerhaven.
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01. Juni, Freitag | Fortsetzung
des Tagebuchs von S. Tallerie: "Gegen 5 Uhr hatten wir die erste Attacke des Tages von einer Pagode aus. die Kerls nähern sich ohne Furcht, dass man mit Ihnen handgemein wird. Einer hatte drei Kugeln im Leibe und schwang fortwährend den Säbel. Doch bald sanken vier zusammen; der Rest floh in die Pagode. Gegen 10 Uhr neuer Angriff von etwa 500 bis 600 Männern. Zwei Anführer fallen auf die ersten drei Schüsse, und als wir auf des Gros auf eine Entfernung von 400 Metern schossen und einige liegen bleiben, floh die ganze Heerde immer wirrer durcheinander gegen das Dorf. Schwerter, Säbel, Lanzen müssen jetzt zurückgelassen und vernichtet werden, da wir genug an unseren Frauen und Verwundeten zu tragen haben. Die Frauen zeigen wirklich große Ausdauer und gehen mutig vorwärts. Die meisten sind schon ohne Schuhe; Kleider werden zerrissen, um damit die Wunden an den Füßen zu verbinden. aus Pfützen und Lachen wird getrunken, wo nur etwas Flüssiges zu haben ist. Gegen 11 ½ Uhr: Die Boxer sammeln sich in großen Massen. Überall sieht man Fähnchen und Lanzen auftauchen, man sieht, dass sie uns eine Entscheidungsschlacht liefern wollen. Im ganzen haben wir circa 900 bis 1000 Mann um uns herum. Die meisten von uns sind demoralisiert und verlieren den Mut. Man verabschiedet und küsst sich und viele weinen, eine herzzerreißende Scene. Unsere Devise ist, alle Patronen zu verbrauchen und dann eine Kugel für sich zu sparen. Einer bittet den anderen, im Fall er nicht tot ist, mit einem Revolverschuß nachzuhelfen. Auf zwei Seiten werden Kanonen aufgestellt, und schon ertönen die ersten Schüsse. Kugeln streifen über unsere Köpfe. Von uns rührt sich noch keiner. Man schaut mut- und hoffnungslos ins Leere. Die Boxer wollen sich nicht nähern. Wir nehmen die Bedienung der Kanonen und Bannerträger aufs Korn, welche einen Sprung in die Luft machen und dann auf die Erde fallen. Die Stimmung hebt sich bei uns. Wir rücken vor, und in 15 Minuten war der Feind verschwunden. 3 Uhr nachmittags: Energischer Angriff. Um uns herum ist alles schwarz. Da sich die Haufen in der Entfernung halten, wird wenig geschossen und wenig getroffen. Gegen 5 Uhr tragen uns die Füße nicht mehr; die Verwundeten verschmachten und flehen um Wasser und ziehen den Tod dem Weitergehen vor. Es wird mitten im Sumpfland Halt gemacht; alle fallen erschlafft hin. Um 6 ½ Uhr rücken die Boxer im Halbkreis auf uns zu, schreien und heulen wie Bestien, erreichen uns aber mit ihren Schüssen nicht. Einige wagen sich nahe an uns heran, werden aber sofort niedergepfeffert. Sie bombardieren uns auch während der Nacht. Da wir in den Sümpfen herumgingen, mussten wir auch im Sumpfe schlafen. Man klappert vor Kälte." Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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02. Juni, Samstag | Fortsetzung
des Tagebuchs von S. Tallerie: "Morgens 2 ½ Uhr: Abmarsch in der Richtung auf Tientsin. wir sind fest entschlossen, da uns nur noch wenig Patronen übrig bleiben, unser Leben teuer zu verkaufen. 4 Uhr morgens: Ungefähr 40 Boxer stellen sich uns entgegen, nachdem wir aber zwei getötet und einige verwundet haben, entfliehen sie nach allen Richtungen. Wir finden zur großen Freude einen Kanal. Um 7 Uhr sehen wir von weitem ein Boot, das auf unserer Seite des Kanals gezogen wird. Wir verstecken uns schnell. als das Boot in unsere Höhe kommt, nehmen wir es weg. Der Besitzer wollte uns nicht nach Tientsin fahren; aber wir zwangen ihn dazu. In einem Dorfe fanden wir zu essen, zu trinken und zu rauchen. alles freut sich des Lebens. Die Französinnen sind schon dabei, ein Modejournal zu kombinieren. Gegen 2 Uhr langten wir endlich nach viertägigen furchtbaren Strapazen im französischen Konsulate in Tientsin an." |
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03. Juni, Sonntag Pfingsten |
Das
kleine Detachement vom III. Seebataillon aus Tsingtau welches am 30. Mai
in Tsingtau an Bord des Kreuzers "Kaiserin Augusta" gegangen
war, trifft heute in Peking ein. Die Schutzwache besteht aus einem Offizier
und 50 Mann.
Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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04. Juni, Montag Pfingstmontag |
Vize-Admiral Sir Edward
Seymour lud als rangältester anwesender Admiral alle vor der Taku-Rhede
liegenden Flaggen-Offiziere und Schiffskommandanten zu einer Besprechung,
nachdem die Nachricht über die neuerliche Zerstörung der Bahnlinie
Tientsin-Peking eintraf. Hierbei wurden folgende Punkte als Grundzüge des
gemeinsamen weiteren Verhaltens aller anwesenden Mächte aufgestellt:
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05. Juni, Dienstag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Etliche Damen von unsrer Gesandschaft mit 4 Marine zu ihrer Wache ritten früh nach MACHAPU die Bahnstation, um von hier nach TIEN-SIN oder nach der Küste zu fahren, ehe es zu gefährlich hier wird. Als sie nach der Station kamen wurde ihnen mitgeteilt, daß die BOXERS die Bahnlinie zerstört u. die Schienen aufgerissen hätten. So kerten sie hieher zurück. |
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06. Juni, Mittwoch | Der Kriegsrat der verbündeten Mächte, der aus den rangältesten Seeoffizieren besteht, beschließt die Verbindung mit Peking wieder herzustellen. Falls diese unterbrochen sein sollte, auch mit Hilfe der dazu notwendigen Truppen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
07. Juni, Donnerstag |
(Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Die BOXERS werden immer aufdringlicher. Sie haben sich in große Haufen versammelt. Abends maschieren sie in der Stadt umher, schwingen ihre Schwerter, Spieße u. dgl. u. rufen - (shaw, shaw quisaro) tötet alle fremde Teufel. Natürlich meinen sie damit alle Europäer.
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08. Juni, Freitag |
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09. Juni, Samstag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) CAPT. HALL, ein CORPL. u. 10 Mann, darunter ich, wurden heute Abend nach der Med. Mission gesand, um die dort sich befindliche Marine zu verstärken. Die Chinesen spotteten u. warfen Steine nach uns als wir durch die Stadt maschierten. Beide Seiten der Strasse waren dicht mit Chinesen gedrengt. Wir maschierten mit aufgepflanztem Bajonet durch die Haufen. |
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10. Juni, Sonntag | Um 9 Uhr 30 Minuten vormittags verlassen zunächst zwei Züge unter dem Kommando des britischen Vice-Admirals Seymour den Bahnhof von Tientsin. Im ersten Zug befinden sich 300 Engländer, 112 Amerikaner, 25 Österreicher und 40 Italiener, sowie chinesische Bahnarbeiter. Im zweiten Zug folgen weitere Engländer, Franzosen und Japaner. Im Laufe des Nachmittags setzt sich dann auch das deutsche Landungskorps unter dem Kommando des Kapitäns zur See von Usedom von Tenku aus in Marsch, um sich mit der Expedition des Vice-Admirals Seymour zu vereinen. Kurz zuvor trafen noch 25 Seesoldaten vom III. Seebataillon unter Leutnant Wenzel ein. Das Landungskorps hat eine Stärke von 25 Offizieren und 527 Mann und führt vier Maschinengewehre mit. Da hierfür zunächst von den Chinesen keine Lokomotive zur Verfügung gestellt wird, bemächtigt sich das Landungskorps gewaltsam einer Lokomotive und fährt damit bis Yang-tsun. Während der Fahrt werden entlang des Bahndamms viele chinesische Truppenlager festgestellt. Um 7 Uhr abends vereinigt sich das deutsche Landungskorps mit den Truppen Seymours. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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11. Juni, Montag | Der Kanzler der japanischen Gesandtschaft,
Sugiyama, wird an einem Stadttor von regulären chinesischen Truppen ermordet. Fortsetzung aus: Der „Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Verschanzen uns immer stärker. Es sind schon viele Chinesischen Christen hieher geflüchtet u. sie erzählen schauerliches von den BOXERS. Manch kommen hier an, dene ihre ganze Familie gemordet worden ist. Die BOXERS gehen barbarisch mit den Christen um. Sie schneiden ihnen die Nase u. Ohren ab, reisen ihnen die Zunge aiig dem Maul, schneiden ihnen Riehmen Fleisch vom Leibe, kurz mattem sie auf die schauerlichste Weise zu Tote. |
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12. Juni, Dienstag | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
13. Juni, Mittwoch | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Wir bekamen die Nachricht, daß CAPT. MCCALLA mit 2000 Mann zu unsrer Verstärkung auf dem Wege zu uns sei. Die 2000 Mann werden die Bahnlinie, die zerstört wieder reparieren u. fahrbar machen das natürlich eine lange Zeit in Anspruch nehmen wird. |
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14. Juni, Donnerstag Fronleichnam |
Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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15. Juni, Freitag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Die BOXERS zünden die Kirchen u. öffentliche Gebäude an. Nachts sehen wir große Feuer überall. |
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16. Juni. Samstag |
»Peking
muss rasiert werden.« telegrafiert
Kaiser Wilhelm II. an Reichskanzler Bernhard von Bülow. (Zitat aus: Mommsen, Imperialismus (1977), S. 133 f) Auf Antrag des deutschen Vize-Admirals Bedenmann, wird nachfolgendes Ultimatum, an den Vizekönig von Tschili und den Kommandanten der Taku-Forts einstimmig, nur mit Ausnahme der Amerikaner, beschlossen: "Die vereinigten Mächte haben seit Beginn der Wirren ohne Widerstand Detachements ans Land gesetzt, um ihre Staatsangehörigen und das diplomatische Korps gegen die unter dem Namen Boxer bekannten Rebellen zu beschützen. Ganz zu Anfang haben die Repräsentanten der kaiserlichen Gewalt ihre Pflichten scheinbar verstanden und sichtliche Anstrengungen gemacht, die Ordnung wieder herzustellen. Gegenwärtig aber zeigen sie deutlich ihre Sympathien für die Feinde der Fremden, indem sie Truppen gegen die Eisenbahnlinien dirigieren und die Einfahrt in den Peiho mit Minen versehen. Diese Acte beweisen, dass die Regierung ihre feierlichen Verpflichtungen gegenüber den Fremden vergisst, und nachdem die Befehlshaber der vereinigen Streitkräfte die Verpflichtung haben, in fortwährender Verbindung mit den Detachements am Lande zu verbleiben, haben sie beschlossen, die Forts von Taku vorübergehend -- im Guten oder mit Gewalt -- zu besetzen. Der letzte Termin bis zu ihrer Uebergabe an die Alliirten ist bis 2 Uhr Morgens des 17. (Juni). Vorstehendes wird gleichzeitig dem Vicekönig von Tientsin und dem Commandanten der Forts mitgetheilt werden." Gezeichnet: Hiltebrandt (Russland) James Bruce (England) G. Casella (Italien) Bendemann (Deutschland) M. Nagamine (Japan) Kottowitz (Oesterreich-Ungarn) Courrejolles (Frankreich) |
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17. Juni, Sonntag |
aus "Kämpfe in China" von Theodor Ritter von Winterhalder, A.
Hartleben's Verlag 1902
Die Taku-Forts werden von den ausländischen Truppen besetzt; nachdem sie sich zuvor schwere Gefechte mit der regulären chinesischen Qlng-Armee geliefert hatten. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi.
Bestückung der Taku-Forts
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18. Juni, Montag |
Brand im
belagerten Gesandtschaftsviertel von Tianjin. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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19. Juni, Dienstag | Es ergeht ein
Ultimatum der kaiserlichen Qing-Regierung: Alle Ausländer sowie Personen,
die sich aufgrund ihrer beruflichen oder religiösen Verbindungen zu Ausländern
bedroht sehen, sollen Peking innerhalb von 24 Stunden in Richtung Tianjin
verlassen. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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20. Juni, Mittwoch |
Der Gesandte des
Deutschen Reichs, Clemens Freiherr von Ketteler, wird in Peking auf
offener Straße angegriffen und erschossen; die Belagerung und Beschießung
des europäischen Gesandtschaftsviertels beginnt, in dem sich 473 Ausländer,
451 Soldaten und über 3000 chinesische Christen aufhalten.
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21. Juni, Donnerstag | China erklärt
den ausländischen Mächten offiziell den Krieg, die Boxer werden in ihrem
Kampf von nun an durch kaiserliche Truppen unterstützt. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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22. Juni, Freitag |
The
Germans to the Front! von W. Heise
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23. Juni, Samstag |
Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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24. Juni, Sonntag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Die Chinesen rückten wieder vom Westen auf uns vor. Eben falls auf der großen Mauer die sich hinter unserer Gesandschaft hinzieht. Die Mauer ist etwa 15 m hoch u. am Boden 15 m breit, die sich dann nach oben ein wenig zuspitzt u. oben vielleicht 10 m breit ist, wo ein ganzes Regiment in Reih u. Glied maschieren kann. Die Mauer ist nur von innen ersteigbar, es ziehen sich fahrbare Wege hinauf, auf denen man mit Wagen auch Kanonen hinauf fahren kann. Solch ein Weg befand sich hinter unsrer Gesandschaft, ebenfalls bei der Deutschen. Wie vorhin erwähnt, rückten die Chinesen auf der Mauer vor u. konnten dann durch Schießlöcher, die oben auf der Mauer angebracht sind auf uns herunter schießen, wärend wir ihnen fast nichts anhaben konnten. Um 10 Uhr erstiegen die Deutschen auf dem Fahrwege hinter ihrer Gesandschaft die Mauer u. trieben die Chinesen zurück, mußten aber wegen dem Rauch u. der Hitze wieder weichen, die Chinesen haben alles um unsre Gesandschaft in Brand gesteckt u. wollen uns ausbrennen. Die Russische Bank die neben unsrer Gesandsch. liegt sowie ein Teil von unsrer Gesandschaft stehen in Flammen. Wir haben jetzt auch noch mit Feuer zu kämpfen u. kein Wasser, nur etliche Brunnen u. keine Apparate. Die Hitze u. Rauch sind fast unerträglich. SIR MC DONALD der engl. Gesande, der zum Oberbefehlhaber ernannt worden ist, gab unsrem CAPT. MEYERS den Befehl die Chinesen von der Mauer zu treiben. CAPT. MEYERS u. 20 Mann von uns, rückten vor, erstiegen die Mauer u. trieben die Chinesen unter einem Regen von Kugeln u. Granaten zurück. Wir hatten nur etliche leicht Verletzte, denn die Chinesen schossen alle zu hoch. Die Hitze u. Rauch waren zu viel u. wir mußten uns wieder zurück ziehen. Um 1 Uhr rückten die Chinesen nochmals vor. Wir Am. u. 10 Deutsche erstiegen die Mauer u. trieben die Chinesen abermals zurück u. bauten nun eine BARRICADE über die Mauer damit wir ein wenig Schutz haben. Mit unsem Bayoneten rissen wir die Steine von der Mauer u. verschanzten uns so gut es ging. Wir arbeiten unter einem Kugelregen, daß » uns das Blut von den Händen lief Wir haben viel Chinesen getötet u. verwundet, die jetzt auf der Mauer herum liegen. Begraben können wir sie nicht, keine Verwundete können wir auch nicht gebrauchen u. somit werfen wir sie einfach über die Mauer. Heute morgen wurde SAM KING ein am. Marine erschossen. Wir sandten Boten zu CAPT. MCCALLA um schleunigste Hilfe. Fochten die ganze Nacht mit den Chinesen auf der Mauer. |
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25. Juni, Montag | Auszug
aus dem Tagebuch Sr. Exzellenz Ching Shan zitiert in "China - unter
der Kaiserinwitwe" von Bland, J.O P. &
Backhouse, Berlin 1912 29. Tag des 5. Mondes – heut marschierten etwa sechzig Boxer unter der Leitung des Prinzen Tuan und Chuang und des Beilés Tsai Ying um 6 Uhr morgens zum Palast, um dort nach Konvertiten zu suchen. Als sie zum Tore des Palastes der "Friedlichen Langlebigkeit" gekommen waren, wo Ihre Majestät noch zu Bette lagen, schrien sie lärmend, der Kaiser solle herauskommen und beschuldigten ihn, er sei ein Freund der Fremden. Prinz Tuan war ihr Wortführer. Ich habe den Zwischenfall vom Hofmarschall Wen Lien gehört, der heut morgen im dienst war. Er war entsetzt über die tollkühne Unverschämtheit des Prinzen Tuan und glaube, dass er wahrscheinlich trunken war. Als der Alte Buddha den Lärm draußen und das Geschrei "man töte alle Teufelkinder" hörte – sie nahm gerade ihren Morgentee -, kam sie geschwinde heraus und stand auf der obersten Treppenstufe, während die Prinzen und die Boxerführer sich unter ihr im Hofe tummelten. Sie fragte Prinz Tuan, ob er sich vielleicht selber hier als Kaiser aufspiele, wenn nicht, wie könne er es wagen, sich in dieser tolldreisten, frechen Art zu gehaben? Er solle ein für allemal wissen, daß sie und sie allein die Macht habe, den Souverän zu ernennen oder abzusetzen und er möchte sich freundlichst daran erinnern, daß die Macht, die seinen Sohn zum Thronerben eingesetzt habe, ihn auch im Umsehen vernichten könne. Wenn er und seine prinzlichen Genossen dächten, daß sie, weil der Staat in einem Zustand augenblicklicher Verwirrung sei, ihren derartigen Neigungen freien Lauf lassen könnten, so irrten sie sich ganz gewaltig. Sie ersuchte sie, sich auf der Stelle zu entfernen und Abstand davon zu nehmen, jemals den Palastbezirk wieder zu betreten, ohne dazu aufgefordert zu sein. Zunächst aber sollten sie sich niederwerfen und die Verzeihung Sr. Majestät für ihr unverschämtes Benehmen erflehen. als leichte Strafe für ihr Vergehen befahl sie ferner, daß den Prinzen ein Jahreseinkommen in Abzug gebracht werde. Was die Boxerhäuptlinge anbelange, die es gewagt hätten in ihrer Hörweite solchen Skandal zu verursachen, so sollten Sie an Ort und Stelle enthauptet werden und Jung Lu's Wachen, die an den äußeren Toren Dienst hatten, wurde befohlen, den Richtspruch sofort zu vollstrecken. Ihre Majestät ist zurzeit derartig gegen die Boxer eingenommen, daß man allgemein annimmt. es werde Jung Lu gestattet werden, dem Angriff auf die Gesandtschaften Einhalt zu gebieten. Der Kaiser war sehr erregt über den Zwischenfall und, als er erledigt war, dankte er Ihrer Majestät ehrerbietigst für ihren gütigen Schutz. Später. 9 Uhr abends. - Der Alte Buddha hat sich in ihrer Wut über Prinz Tuan und seine Genossen plötzlich entschlossen, dem Kampf in Peking ein Ende zu machen und hat genehmigt, daß Jung Lu sich in die Gesandtschaften begibt, um den Frieden zu besprechen. Heute um 6 Uhr nachmittags hörte das Feuer auf und Jung Lu begab sich an der Spitze seiner Truppen zu der nördlich des Gesandtschaftsviertels belegenen Brücke. Die Fremden kamen aus ihren Verstecken heraus und begannen zu verhandeln. Man zeigte ihnen eine Tafel, auf der geschrieben stand: "Es ist von der Kaiserinwitwe der Befehl erlassen, die Gesandtschaften nun pflichtgemäß zu schützen." Jung Lu hoffte es erreichen zu können, mit den fremden Ministern über die Wiederherstellung der Ordnung verhandeln zu können. Drei stunden lang ist kein Schuß gefallen, aber En Ming kam soeben, um mir mitzuteilen, daß die Situation sich wieder geändert hat und daß der Alte Buddha so gute Nachrichten über eine Niederlage der auf Peking marschierenden fremden Entsatztruppen erhalten hat, daß sie neuerdings beschlossen hat, dem Tun der Boxer freien Lauf zu lassen und "das Fleisch der fremden Teufel zu essen und auf ihren Häuten zu schlafen." |
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26. Juni, Dienstag |
Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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27. Juni, Mittwoch |
Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |
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28. Juni, Donnerstag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Die Engländer machten einen Ausfall auf das CHEN-MEN Thor, um die Chinesischen Kanonen dort zu erobern, wurden aber von den Chinesen zurück geschlagen. Ein Russe wurde getötet. Unser kleiner Haufen schmilzt immer mer zusammen. |
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29. Juni, Freitag | Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. (Hrsg. von der Stadt Backnang, Stadtarchiv, Bernhard Trefz, Fr. Stroh Verlag, 2004) Unser Doktor (DR. LIPPITT) wurde in unserer Gesandschaft durch das Bein geschossen. Weil die Chinesen rings um uns sind u. immer auf uns rein schießen, weiß man gar nicht mer von woher eigentlich die Kugeln kommen. Es pfeipft immer in der Luft u. die Kugeln fliegen wie die Fliegen umher. Die machten wieder einen Angriff auf uns um die ganze Linie u. wir hatten 4 Stunde ein hartes Gefecht um sie zurück zuhalten. Schwere Verluste auf beiden Seiten, die Chinesen verloren sehr viele. ADMIRAL SYMORE, der uns mit 2000 Mann zu Hilfe kommen soll, soll nur 23 meilen von hier entfernt sein. -"Wenn es wahr ist' -. |
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30. Juni, Samstag | Auszug
aus dem Tagebuch Sr. Exzellenz Ching Shan zitiert in "China - unter
der Kaiserinwitwe" von Bland, J.O P. &
Backhouse, Berlin 1912 4. Tag des 6. Mondes. - Zur Stunde des Hundes (7 Uhr abends) - Kang Yi sprach heute vor und teilte mit mir die Abendmahlzeit. Er erzählte mir, daß Tung Fu-hsiang heute morgen Jung Lu aufgesucht und ihn um die Überlassung seiner schweren Artillerie gebeten habe. Jung Lu soll genügend ausgerüstet sein (mit dem Wu Wei chün, dem Verteidigungskorps gehörigen Geschützen), um jedes fremde Gebäude in wenigen Stunden in Trümmer zu legen. Tung hatte an Jung Lu's Tor über eine Stunde zu warten und als er endlich vorgelassen wurde, begann er alsbald zu poltern, worauf Jung Lu so tat, als ob er schliefe. "Er gab seine Zustimmung nicht, sondern lehnte auf seinem Sitz und schlummerte" (Ein Zitat des Menzius) Tung stellte Jung Lu alsdann wegen seiner Flegelei zur Rede, aber der Oberbefehlshaber lächelte nur und brach die Unterhaltung mit der Bemerkung ab, daß Tung's einzige Möglichkeit, die Geschütze zu erhalten die sei, den Alten Buddha zu überreden, ihm gleichzeitig Jung Lu's Kopf zu geben . "Verlange sofort eine Audienz", soll er gesagt haben, "sie hält dich für einen tapferen Mann und wird sicherlich jedem deiner Wünsche entsprechen." Tung Fu-hsiang verließ ihn in rasendem Zorn und begab sich stracks nach der Verbotenen Stadt, obgleich die Stunde der Audienz längst vorüber war. Am Tor der Halle der Kaiserlichen Obergewalt (Huang Chi Tien) befahl er mit ungebührlichem Lärm den Eunuchen, Ihrer Majestät mitzuteilen, der Kansu Feldherr sei da und wünsche eine Audienz. Es traf sich daß der Alte Buddha, gerade eine Bambuszeichnung auf Seide entwarf und über die Störung ärgerlich war. Trotzdem wurde Tung vorgelassen und fiel auf die Knie. "Wohlan," sagte Ihre Majestät, "ich vermute, du kommst, um mir die völlige Zerstörung der Gesandtschaften zu melden? Das würde seit dem Ende des letzten Mondes zum zehntenmal sein." "Ich bin gekommen," erwiderte Tung Fu-hsiang um bei Ew. Majestät den Großsekretär Jung Lu als Verräter und Freund der Barbaren anzuklagen. Er hat die Geschütze, die mein Heer benötigt und mit ihrer Hilfe würde kein Stein im ganzen Gesandtschaftsviertel stehen bleiben. Er aber hat geschworen, diese Geschütze niemals zu leihen, selbst wenn Ew. Majestät es befehlen sollten." Der Alte Buddha erwiderte ärgerlich: "Schweig! Erstens warst du nichts anderes als ein Räuber, und als ich dir gestattete, in meinen Heeresdienst zu treten, so geschah es, um dir die Gelegenheit zu geben, deine früheren Schandtaten zu sühnen. Selbst jetzt noch benimmst du dich wie ein Brigant und vergißt die Majestät der Kaiserlichen Präsenz. Fürwahr, dein Maß ist bald voll! Verlasse den Palast auf der Stelle und la? dich hier nicht blicken, ohne zur Audienz befohlen zu sein." Kang YI erklärt, die Gesandtschaften würden nimmer genommen werden, so lange Jong Lu's gegenwärtig großer Einfluß bei Hofe dauert. Li Shan, der ebenfalls in großer Gunst bei der Kaiserinwitwe steht, ist nun ebenfalls auf der Seite derer, die mit den Fremden Frieden machen möchten und ist deshalb von Na Tung angeklagt. Folgende Proklamation ist jetzt in der ganzen Stadt angeschlagen, und zwar gemäß einem Befehle der Kaiserinwitwe an den Prinzen Chuang. Man sagt, sie beabsichtige die Belohnungen aus ihrer Privatschatulle zu bestreiten: "Belohnungen. Nun, da alle fremden Kirchen und Kapellen dem Erdboden gleich gemacht sind und den Fremden kein Zufluchtsort oder Versteck verblieben ist, müssen sie sich notwendigerweise zerstreuen und nach allen Richtungen fliehen. es sei daher allen Leuten verkündet, Gelehrten und Laien, daß ein jeder, der Fremden Asyl gewährt, sich die Strafe der Enthauptung zuzieht. Für jeden lebend ergriffenen fremden Mann wird eine Belohnung von 50 Taels, für jedes Weib 40 Taels, für jedes Kind 30 Taels zugesichert. Aber wohlverstanden, sie müssen lebend gefangen werden und echte Fremde sein. Wenn dieses festgestellt ist, so wird die Belohnung unverzüglich ausbezahlt. Eine Sonder-Verkündigung, die ehrfürchtigen Gehorsam erheischt." Viel höhere Belohnungen als diese wurden im 10. Jahre Hsien-Fengs (1860) für die Köpfe der Barbaren gewährt, aber damals waren sie natürlich verhältnismäßig rar, während sie jetzt, leider, so gewöhnlich sind, wie Bienen! Heute morgen fand ein bedeutender Prozeß vor dem Tore der Residenz des Prinzen Chuang unter dem Vorsitz von Yi Ki, Fen Che und Kuei Ch'un statt. Über 900 Leute wurden kurzerhand von den Boxern hingerichtet, in einigen Fällen sogar ohne genaue Feststellung ihrer Zugehörigkeit oder ihres Verkehrs mit den Fremden. Hilflose Säuglinge selbst wurden getötet. Fen Che ist ein roher Schlächter und der Alte Buddha machte dem Prinzen Chuang Vorstellungen, daß er die Boxer nicht besser in Ordnung halte. Fortsetzung aus: Der
„Boxeraufstand“ in China – Das Tagebuch des Gottlieb Brosi. |