Letzte Aktualisierung:
August 22, 2010

MÄRZ

1901

Freitag,
01. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Obermaschinist Simonait und Oberfeuermeister Ebel auf die Savoia gekommen. Admiral 2 Uhr zurück. Heute an Land gewesen, meinen Kanarienvogel für einen Boxersäbel, einen bronze Götzen und eine Steinfigur umgetauscht und 1 paar Becken gekauft. 62cm Durchmesser.
Samstag, 
02. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...langten wir am An-tsu-ling (ling heißt Paß) an, der bereits am 26. d. Mts. von deutschen Truppen eingenommen war. Oben an den Felswänden sahen wir noch große Felsblöcke liegen, die durch einen Fußtritt zum Herabstürzen gebracht werden konnten; dazu war es aber seitens der Chinesen nicht gekommen. Ein kleiner Marsch noch und wir langten im Dorfquartier an. Diesem Dorfe, Lang-kuan-pweu, das sich hoch im Gebirge befand, gaben wir den Namen Luftkurort Pochaudi, Luftkurort wegen seiner luftigen Höhe und Pochaudi, weil wir in diesem Dorfe nicht ein einziges Huhn, noch viel weniger ein Hühnerei vorfanden. (Pochaudi heißt "nicht gut"). Gegen 11 Uhr abends wurden wir noch einmal geweckt, wir glaubten die chinesischen Truppen seien da, und unwillkürlich sah alles nach den Waffen, doch war es eine deutsche Pony-Kompagnie (berittene Infanterie auf chinesischen Ponys), die von der Mauer zurückkam. Sie hatte ein kleines Scharmützel mit Chinesen gehabt und nahm hier Quartier.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Ankunft des Ablösungsdampfers H.H. Meyer. Herrliches Wetter.

Sonntag,
03. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
Am Morgen wurde gemeldet, daß sich auf den Bergen chinesische Beobachter befänden und wir Berittenen mußten gleich satteln und Patrouillenritte in die Umgegend machen; es ging über Berge und durch Schluchten. Den Karabiner hatten wir stets schußbereit, und verschiedene der chinesische Posten wurden auch abgeschossen oder vertrieben. Nach einigen Stunden kehrten wir mit größtem Appetit auf Frühstück nach "Pochaudi" zurück.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Herrliches Wetter. Wechslung der Mannschaften.

Montag,
04. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
... hatten wir Befehl, den weg bis zur chinesischen Mauer für die Haubitzen zu rekognoszieren. einige Kilometer vor der Mauer ritten wir in die Festung Lung-Tsun-kuan ein, die jedoch völlig vom Feinde geräumt war. Wir ritten durch die Stadt hindurch gegen die Mauer vor und erkundeten , daß diese durch chinesisches Militär stark besetzt war.  Die Chinesen vollführten plötzlich einen mächtigen Lärm, jedenfalls hatten sie uns zwischen den Felsen bemerkt; da unser Zweck erreicht war, kehrten wir nach Pochaudi zurück mit der Meldung, daß der Weg bis zur Mauer frei und passierbar sei.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Herrliches Wetter. Abends von 8 bis 10 ½ Uhr auf H.H. Meyer zum Dinner und Bierabend gespielt. Daselbst Herrn Vogt, Ingenieur, Sohn des früheren Musikdirektors Vogt I. Garderegiment Potsdam, kennen gelernt. Obermaschinist Berndt geht mit nach Deutschland, ebenfalls Feuermeister Günther.

Dienstag,
05. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...trafen zwei Kompagnien des 4. Infanterie-Regiments hier ein, und nun rückten alle Truppen nach der Festung Lung-tsuan-kuan ab. Während der Nacht hatten wir von dort aus abwechselnd Patrouillenritte in die Umgegend.
Die Haubitzen trafen wegen des für sie schlecht zu passierenden Geländes erst am folgenden Tage in der Festung ein.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Großes Dinner. ½ 1 Uhr beim Admiral, Einladungen von Land. 2 Torpedoboote kamen aus Wusong hier an, S91, S92. Nachmittags in See nach Wusong. 5 ½ Uhr in der Außeneinfahrt begegneten wir einem Postdampfer von Norden kommend.

Mittwoch,
06. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Herrliches Wetter. 8 Uhr abends einem Dampfer begegnet.
Donnerstag,
07. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

12 ½ Uhr vor Wusong bei herrlichstem Wetter vor Anker gegangen. Es liegen hier Fürst Bismarck, 4 Engländer, 3 Italiener, Österreicher im Innenhafen. Ein Japaner ging 2 Uhr in See. Außer den Kriegsschiffen liegen hier Lazarettdampfer Gera, 2 Postdampfer große, 3 kleinere Dampfer, 1 Segelschiff 4 Master. Es wurde salutiert mit den Engländern und Italiener. Der Admiral u. Kommandant Kpt. Bender auf Fürst Bismarck.                  
Freitag,
08. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
Gegen 5 Uhr morgens rückten sämtliche hier liegenden Truppen von der Festung Lung-tsuan-kuan ab nach dem Tschang-tschöng-ling (Paß) der sich im Gebirge an der Grenze der Provinzen Tschili und Schansi, an der chinesischen Mauer, die die Grenze bildet, befindet. In der Mitte marschierte die Artillerie, die linke Flanke hatten 20 Reiter des Reiterregiments und 20 Reiter von uns, 10 Mann unserer Kolonne hatten andere Kommandos. Rechts der Artillerie marschierten Pioniere und eine Kompagnie Infanterie, während die anderen Truppen mit der Artillerie marschierten. Bis gegen 1/2 7 Uhr ging es im Gebirge langsam gegen die Mauer vor, dann mußten wir wegen der schmalen Pfade absitzen und zu Fuß auf die Gebirgsspitzen hinaufkraxeln. Wir näherten uns immer mehr der berühmten, von den Chinesen stark besetzten großen Mauer am Tschang-tschöng-ling und waren alle gespannt auf das bevorstehende Gefecht. In den feindlichen Stellungen herrschte völlige Ruhe, nicht eine Wache oder sonst etwas verdächtiges war zu sehen. Um etwa 1/2 8 Uhr donnerte unser Morgengruß in Gestalt eines Haubitzgeschosses aus verdeckter Stellung über die Mauer. Jetzt wurde es auch beim Feinde lebendig, und bald krachte denn auch ein chinesischer Kanonenschuß zu uns herüber, jedoch nach einer ganz falschen Richtung. 40 Mann der linken Flanke erhielten den Befehl weiter vorwärts in Deckung zu gehen und nun schwirrten die feindlichen Geschosse nach dem sichtbaren Ziele, alle Schüsse gingen jedoch hoch über uns hinweg und zerrissen die Luft, tausendfaches Echo in den Schluchten wachrufend. Nach kurzer Zeit wurden die Schüsse schon gefährlicher und wir schützten uns nun durch immerwährenden Stellungswechsel. Wir sahen sogar mehrere Geschosse nicht weit von uns einschlagen, aber zu unserer größten Freude krepierten sie nicht einmal. Wir kamen stetig näher und in Schußweite angelangt, gabeb wir ein lebhaftes Karabinerfeuer ab. Die Chinesen waren jetzt ganz an uns gefesselt und die rechte Flanke konnte nunmehr unter dem Schutze der Haubitzen und Gebirgsgeschütze unbehelligt und ungesehen vorgehen, was natürlich auf flacher Ebene schlecht möglich gewesen wäre. In Schußweite angelangt, gab es nun von hier gleich Salven und vernichtendes Schnellfeuer der Infanterie. die Chinesen waren ob dieser neuen energischen Begrüßung sehr bestürzt. Unsere ganze Line ging jetzt gegen die Mauer vor. Viele Angstschüsse -- aber keine Treffer -- waren die Antwort der Gelbgesichter auf unsere donnernde und knatternde Anfrage. Nach deutscher Art: "Den Finger drauf, das nehmen wir!" war nach etwa einer halben Stunde die von den Chinesen für uneinnehmbar gehaltene Stellung unter großen Verlusten derselben in deutschem Besitz.
Die rote chinesische Drachenfahne sank in den Staub und stolz erhob sich an ihrer Stelle dei Flagge: Schwarz-weiß-rot.
Nachdem wir wieder unsere Pferde bestiegen hatten, wurden die Chinesen von den Berittenen, auch der Pony-Kompagnie, noch drei Stunden lang verfolgt, und wir kehrten dann zur Mauer und von dort nach kurzer Rast nach Lung-tsuan-kuan zurück.
Beim Gefecht wurden vier Schnellfeuergeschütze und einige Fahnen erobert. Als tot hatten wir keinen zu beklagen -- ein gewiß seltener Fall in der deutschen Kriegsgeschichte.
Eine Kompagnie Infanterie blieb als vorläufige Besatzung auf der Mauer zurück, während die übrigen Truppen ebenfalls nach der Festung zurückmarschierten.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Etwas Brise aber warm. ½ 2 Uhr kam ein Italiener im Hafen dicht bei uns vor Anker. Wir liegen wieder am weitesten nach See zu. Bismarck nach Taku in See gegangen.

Samstag,
09. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Herrliches Wetter. 12 Uhr m. ging H.H. Meyer mit der Ablösung zurück nach Deutschland. Der Kommandant ist nach Shanghai. Gestern mit der Post ist meine Beförderung mitgekommen, zum etatmäßigen Maaten seit 1. Januar 01. Heute nehmen wir Teeröl für die Kessel über. 3 Dampfer, 1 4 Master in See gegangen. Mittags waren an die 50 Händler an Bord. Heute war Löhnungszahlung. Mein Geld geht wie immer weg. 1 Brief von Hongkong, 1 aus Shanghai erhalten. Mit der Ordonanz 1 Marsch nach Shanghai geschickt an Herrn Ch. Fonberg. S.M.S. Tiger kam 2 Uhr von Shanghai und ankerte dicht bei uns. 4 Uhr wurde es trübe und kühl. Des Nachts wurde es stürmisch und Regen. Der Bootsmann u. Steuermann, 1. Obermaschinisten waren an Bord konnten wegen Sturm und Nebel nicht zurück.
Sonntag,
10. März
Wie die "Aschaffenburger Zeitung" meldet, hat der China-Kämpfer Hubert Schork seinem in der Gastwirtschaft "Zur Mainbrücke" (Ankergasse 5) angestellten Bruder einen veritablen Chinesenzopf zugeschickt. Die Sendung ist vom 17. Januar 1901 aus Pautingfu datiert. Der Zopf, der vielleicht vor acht Wochen noch den Schädel irgend eines Boxers geziert hat, ist in der erwähnten Wirtschaft zu sehen.

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
In Lung-tsuan-kuan hatten wir bis heute Ruhe und rückten nun nach Pao-ting-fu ab. Zehn Mann blieben von uns als Relaisposten zurück. Nachmittags um 3 Uhr langten wir im chinesischen Dorfquartier an.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Kpt. Bülow Geburtstag. Stürmisch, Regen. 12 Uhr ging Gera und Kaiserin Augusta in See. Trübes Wetter und kühl, See etwas ruhiger. Abends großes Dinner bei den Offizieren.

Montag,
11. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Schießen der Rekruten. Schönes Wetter.
Dienstag,
12. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Der Admiral, Flaggleutnant, Oberzahlmeister vom Stabe, sowie der Geheimschreiber und die Burschen der ersteren sind auf längere Zeit nach Shanghai.
Mittwoch,
13. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
Nach drei weiteren Marschtagen rückten wir , nachdem die Festungen Touping, Tan-sien und Wan-sien passiert waren, wieder in der größten dieser Festungen, Pao-ting-fu, ein, begrüßt von den zurückgebliebenen Kameraden.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Ich war heute an Land wegen Sonnabend Konzert. Nachmittags fing es an zu regnen. Abends starker Nebel.

Donnerstag,
14. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...war Revision unserer Pferde, die von den Strapazen sehr mitgenommen waren und nicht zum besten aussahen. Nachmittags wurden die unbrauchbar gewordenen Bekleidungsstücke abgegeben und dafür neue empfangen.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Starker Nebel bis nachmittags. Ebenfalls wieder des Abends.

Freitag,
15. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901 
Heute herrliches Wetter. Mit Flut kamen 14 Dampfer herein, sonst etwas windiges Wetter.
Samstag,
16. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Sehr schönes Wetter. 2 Uhr ging der Hamburger Dampfer 'Bayern' in See. 4 ¼ Uhr gehen wir an Land zum spielen im Astor House. 

Sonntag,
17. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
... machten wir uns, einige Kameraden, auf, um uns das chinesische Gefängnis in der Stadt anzusehen. Eine ungefähr 10 Meter hohe, steile Mauer, oben mit Eisenspitzen versehen, umgibt das ganze Gefängnis; durch eine schwere Tür gelangten wir auf einen Vorhof, wo die Aufseher wohnen, dann wieder durch eine noch festere Tür in den Gefängnishof. An den drei Seiten desselben waren die Türen zu den Zellen, kleine, dunkel, übelriechende Räume.
Die Verbrecher, ihres Zopfes beraubt und mit schweren Ketten an den Füßen, lagen im Hof umher, ein Bild des größten Jammers und Elends. Man kann dieses Bild gar nicht beschreiben, wie diese Menschen, fast nackt, mit Geschwüren über und über bedeckt, sich hier am Boden wälzten. Wir hielten es auch hier nicht lange aus; nur eiligst hinaus aus dieser Hölle!
In einem anderen Teile waren die weiblichen Gefangenen nicht viel besser untergebracht. Durch einen Aufseher erfuhren wir -- von einem etwas deutschsprechenden Chinesen, der uns begleitete, übersetzt -- daß die eine Chinesin, ein ungefähr sechszehnjähriges Mädchen, wegen eines ganz geringen Diebstahls zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt war, und daß auch viele der im Hof in Ketten Liegenden wegen Diebstahls eine lange, schwere Kerkerhaft zu verbüßen hatten, ein Zeichen, daß Diebstahl in China sehr schwer bestraft wird.
Jetzt führte uns nun der Weg nach dem französischen Viertel zum Besuch des chinesischen Theaters.
Zuerst fiel uns in diesem Theater die herrliche Orchester-Musik auf: mit den Wespenstimmen ihrer Geigen, dem gellenden Tamtam, mit den Pauken; Trommeln und Holzklappern vollführten die Chinesen eine Musik ohne jegliche Harmonie.
Vom Theaterstück selbst verstanden wir natürlich nichts, und unsere Phantasie mußte das ihrige tun. Die Spieler waren gewaltig aufgeputzt, manche schrecklich wie chinesische Götzen bemalt. In ihren langen Gewändern sprangen sie umher wie Clowns, in ihren Kämpfen mit langen Lanzen und Degen jedoch, ließen sie ien staunenswerte Gewandtheit erkennen.
Die weiblichen Rollen wurden von jungen Chinesen gespielt, mit einer Vollendung, die man ihnen kaum zutrauen sollte. Ein junges chinesisches Mädchen trat zum Schluß noch als Sängerin auf.
Die Bühne war nur ein kleiner Raum ohne Vorhang und Kulissen und auch das Orchester stand gleich an einer Seite auf derselben. Kam eine Änderung in der Szene vor, so wurden einfach vor den Augen des Publikums die notwendigen Dekorationen wie Bänke, Tische oder ein Kang hereingeschleppt.
Im Parterre saßen auf Bänken die Zuschauer, vor sich auf den Tischen Kannen und Tassen mit dem unvermeidlichen heißen Tee, Gebäck, Früchten und allerlei Leckereien. Auch uns setzten die aufmerksamen Chinesen alles dieses vor.
Auch die nirgends fehlende Tabakpfeife tat hier ihre Dienste und hüllte den Saal in eine dichte Wolke. Selbst für solche, die keine Tabakspfeife bei sich führten, sorgte ein Chinese, indem er mit einer mächtigen Pfeife durch die Reihen der Zuschauer ging und für ein paar "Käsch" einige Züge aus der Pfeife nehmen ließ. (Käsch heißt das bei dem chinesischen Volk gebräuchliche Kupfer und Messinggeld, es hat in der Mitte ein viereckiges Loch und wird zu 750-800 Stück, gleich 1 Dollar, auf Fäden gereiht). Dabei schwatzten die Zuschauer, schrieen die Schauspieler, und vollführte die Musik ein solch betäubendes Streichkonzert, daß wir bald dem herrlichen Theater wieder den Rücken kehrten.
Wie gewöhnlich wurde dann noch mit den französischen Kameraden in irgend einer Kantine eine Flasche Bier oder Wein getrunken, meist letzterer, da er billiger als das Bier war, und dann ging es "nach Hause".
In unserem Quartier wurde in dieser Zeit an einem geeigneten Platze von Chinesen unter Aufsicht von sachverständigen Soldaten eine Kegelbahn gebaut, die denn auch zu unserer großen Freude bald fertig gestellt war. Nun wurde sonntags oder abends nach dem Dienst tüchtig gekegelt. ein kleines Häuschen schützte uns während des Tages vor den sengenden Sonnenstrahlen und chinesische Kegeljungen riefen uns nach einiger Zeit schon "alle Neune" zu.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Gestern das Konzert sehr gut besucht. Eine Menge Leute mussten weil kein Platz mehr, wieder zuhause gehen. Sehr schönes Wetter. ½ 1 Uhr großes Dinner beim Kommandant. Nachdem wurde noch ein Walzer getanzt,                       als Flaggleutnant v. Bülow gekommen. Pinder ist Navigationsoffizier geworden. Kptl. Baik geht mit dem nächsten Postdampfer nach Deutschland zurück. Wie es heißt in der Depesche kommen noch mehr Veränderungen mit unseren Offizieren vor.

Montag,
18. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Herrliches Wetter. Die neu an Bord gekommenen Leute Gewehrschießen nach Scheibe im Schlepp. Heute Vormittag sind 9 Dampfer in See gegangen von Shanghai kommend.
Dienstag,
19. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Herrliches Wetter. Schießen nach Scheibe im Schlepp der Pinasse mit Gewehren, ebenfalls Nachtschießen. 2 Engländer (1 Panzer, 1 großer Kreuzer) kamen von Nanking hier an, dicht bei uns vor Anker. Nachmittags Post, ohne etwas für mich.
Mittwoch,
20. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Etwas Wind, Nebel. Schießen mit Gewehren nach Scheibe im Schlepp.
Donnerstag,
21. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Kptleutant Baik mit dem französischen Postdampfer die Heimreise angetreten. Den ganzen Tag über Regen. Nachmittag ½ Stunde Freiübungen der Mannschaft nach Musik, wie die Engländer. Es ist wirklich lächerlich den Engländern alles nach zu machen.
Freitag,
22. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Stürmisch und Regen den ganzen Tag durch. Der Kommandant ist nach Shanghai. Ich habe heute meine Abkommandierung protokollarisch beantragt. Hoffentlich mit Erfolg, denn mit der Heimreise der Schiffe steht es schlecht. Übernahme von Teeröl.
Samstag,
23. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Herrliches Wetter. Vormittags kam der Postdampfer König Albert, ohne etwas für mich. Nachmittags wurde unser Schiff Außerbords gestrichen. Die Weißenburg kam hier von Tsingtau an, ging dicht bei uns vor Anker.
Sonntag,
24. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Die Musik beurlaubt. Ich bin an Bord geblieben, weil es immer zu umständlich ist an Land zu gehen. Der Kommandant kam heute Abend wieder an Bord. 9 Uhr   kam ein Franzose im Hafen (kleiner Kreuzer). Nachtschießen.
Montag,
25. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Vorstellung der Heizer Rekruten vor dem Kommandant. Schießen mit Abkommlauf nach Scheibe im Schlepp. 8 Uhr Anfang, ebenfalls Nachtschießen.
Dienstag,
26. März
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
Schönes warmes Wetter. Heute Nachmittag 3 Uhr verkaufen von Sekt, Rot und Weißwein, welches Liebesgaben sind für die Mannschaft. Also, in Deutschland wurden die Liebesgaben für die Mannschaften geschenkt. Hier werden dieselben auf Befehl des Kommandant an die Offiziersmesse verkauft und zwar für 1 Fl. Sekt 1,00, für Rotwein 0,30, für Weißwein 0,45, 0,50, 0,53. Das ist bloß dass die Herren Offiziere alles bekommen. Die Mannschaft wird sich bei den betreffenden Firmen beschweren. Offiziere sind ja auch andere Menschen als ein Soldat. Der Stab schifft sich wieder 12 Uhr hier von Shanghai kommend ein.
Mittwoch,
27. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...ging wieder zu unserer größten Freude ein Streifzug von hier ab zur Vertreibung von Boxern aus dem in der Nähe befindlichen Gebirge und zur Zerstörung der Wohnungen derselben im Gebirge, in der Nähe des Festung Daman-kuan.
Diese Streifzüge hatten den Zweck, den Raubzügen der Boxer von den Bergen aus ein Ende zu machen und sie für die schon ausgeführten Räubereien zu bestrafen.
Das Kommando hatte eine Stärke von drei Kompagnien Infanterie, einer Abteilung Pioniere, einem Zug vom Reiterregiment, einem Zug der 8. (Gebirgs) Batterie, dazu noch unsere Kolonne 1 Offizier und 6 Mann.
Wir fuhren morgens 6 Uhr per Bahn von Pao-ting-fu bis Wan-sein, von hier hatten wir Marsch bis zu dem ca. 17 Kilometer entfernten Quartier, der Etappenstation Tan-sein.  


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Landungsmanöver. Vormittags nebeliges Wetter, von mittags bis spät in die Nacht hinein starker Nebel. Alle paar Minuten Nebelsignale. Schierig und Nehrens wurden abkommandiert. Mit mir ist es noch unbestimmt. 11 ¾ nachts ist der Obersignalgast Ose über Bord gesprungen. Er wurde dabei abgefasst, wie er in der Kammer des Leutnant Lieber eingebrochen hat. Der Bootsmann Prozier hatte heute Standgericht, wird wohl entlassen werden.

Donnerstag,
28. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...nahmen wir in einem Gebirgsdorfe Quartier.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Bis mittags noch starker Nebel. 4 Uhr wurde es wieder nebelig. Ankunft des Frachtdampfers Königsberg und einer Menge kleiner Dampfer, die sich alle vor der Barre versammelt hatten, um nicht bei dem Nebel und Niedrigwasser aufzulaufen. Der Postdampfer wird schon seit vorgestern erwartet, hoffentlich ist nichts passiert und kommt mit Hochwasser hier an.

Freitag,
29. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...rückten wir von dort ab. Gegen 11 Uhr passierten wir einen Gebirgspaß, den wir des schlechten Weges wegen meist nur zu Fuß durchgehen konnten. Nachmittags 2 Uhr langten wir am Fuße des Berges an, in dem sich die Räuberhöhle befinden sollte. Hier wurden die Pferde mit mehreren Mann zurückgelassen und nach zwei mühevollen Kletterstunden erreichten wir hoch oben den Eingang der Höhle. Letzterer war jedoch so schmal, dass nur ein Mann hindurch konnte, er wurde deshalb von Pionieren gesprengt und nun ging es hinein.
Es fanden sich unzählige, ganz gut auf chinesische Art eingerichtete Wohnungen in der Höhle, auch lagen ungeheuere Haufen von Resi und sonstigen Lebensmitteln aufgestaut, aber – von Boxern keine Spur. Nur zwei wurden hinter der Höhle gefangen genommen. Nachdem sämtliche Wohnungen gesprengt waren, kehrten wir um, langten gegen 6 Uhr abends wieder bei den Pferden an und blieben in einem in der Nähe liegenden Dorf über Nacht.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Ankunft bei Nebel des Postdampfers. Ich bekam 1 Brief,1 Karte von Sicher, 1 Karte v. Füchtners W.haven. Rollenexerzieren dann klar Schiff. Nachmittags die Rekruten Bootsbuglen und segeln.

Samstag,
30. März

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...kamen wir nach scharfem Marsch gegen 4 Uhr gegen 4 Uhr nachmittags im Dorfe Petschang-wuan an.  

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Der i. Offizier zum Korv. Kpt. befördert. Rein Schiff, herrliches Wetter. Hela nach Tsingtau in See gegangen.

Sonntag, 
31. März
Palmsonntag

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...erhielten wir von Chinesen die Nachricht, dass sich ein großer Trupp Boxer in der Nähe befände. Es wurde sofort abgerückt, und wir trafen bald mit dem einige tausend Mann starken Trupp zusammen. Da die Boxer meist nur mit Bambusstangen, mächtigen Schwertern und derlei Schlachtgeräten bewaffnet waren, hielten sie vor dem Feuer unserer Infanterie nicht lange stand und waren nach einer energischen Verfolgung bald in alle Winde zerstreut und versprengt, und wir langten wieder ohne Verluste gegen 6 Uhr abends im Quartier an.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901

Beim Admiral großes Dinner 16 Louvers abends bei den Offizieren. Ein Brief mit Spitzen an Lieschen geschickt. Nachmittags 4 Mann von der Kapelle in der Deckoffiziersmesse gespielt. Alles sehr lustig. Ich habe mich davon ausgeschlossen, weil die Geschichte immer zu kostspielig ist. In der Zeit von einer ½ Stunde gingen 11 Schiffe von Shanghai kommend in See. Klar machen zum Kohlen 4 Uhr.