Letzte Aktualisierung:
November 19, 2007

 

 

 

Dokumente zur medizinischen Versorgung des Expeditionskorps 1900/01

 Die Ruhr im Ostasiatischen Expeditionskorps.
(erschienen in "Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Militärsantätswesens, Heft 20, Berlin 1902, Verlag von August Hirschwald)

Bald nach dem Eintreffen der Deutschen Truppen in Ostasien kamen zahlreiche Ruhrerkrankungen vor. Am höchsten war der Zugang im Monat Oktober 1900.
Aus den für den Zeitraum vom September 1900 bis Mai 1901 eingegangenen Krankenrapporten (Das Berichtsmaterial liegt noch nicht ganz vollständig vor, die Zahlen sind daher als endgültig festgestellt nicht anzusehen, würden jedoch erhebliche Änderungen nicht mehr erleiden. In den Zahlen sind diejenigen Marineangehörigen, welche in Armeelazaretten‚ behandelt worden sind, mit enthalten) lässt sich entnehmen, dass während dieser Zeit in den Armee-Feldlazaretten zu Tientsin 658, zu Paotingfu 81, zu Peking 74 und in anderen Sanitätsanstalten 31 - im Ganzen also 844 von der Truppe zugegangene Ruhrkranke (Vielfach haben Verlegungen Kranker von einer Anstalt zu einer anderen stattgefunden) behandelt worden sind. Auf die einzelnen Monate verteilt sich dieser Krankenzugang derart, dass auf den September 157, auf Oktober 409, auf November 113, Dezember 30, Januar 22, Februar 13, März 26, April 21 und Mai 53 Erkrankungen entfallen.
Außerdem liegen unter anderem Berichte vor vom Oberstabsarzt Dr. Herhold (Paotingfu), Stabsarzt Dr. Pfitzmann, Peking und Stabsarzt Dr. Kramm; ferner ein Vortrag des Stabsarztes Professor Dr. F. Haasler „Über Folgeerkrankungen der Ruhr,“ welcher am 15. 3. 01 im Verein deutscher Sanitätsoffiziere des ostasiatischen Expeditionskorps gehalten und bereits in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift 1902 No. 2 und 3 veröffentlicht worden ist. Diesen Arbeiten liegt ein Material von 862 Krankheitsfällen zu Grunde, von denen 647 auf Tientsin, 79 auf Paotingfu und 136 auf Peking (In diese Zahl sind die im Marine-Feldlazarett Peking behandelten ruhrkranken Marineangehörigen mit eingerechnet) entfallen.

Hilfsursachen. Wie gewöhnlich werden auch hier für die Entstehung der Ruhr Erkältung und Durchnässung als Hilfsursachen angegeben. Besondere Bedeutung ist dem Genuss von ungekochtem Wasser und ungekochten Speisen - namentlich von Obst, Gemüse und chinesischer Backwaren - beizulegen. Als gefährlich muss auch das Waschen des Körpers und der Essgeräte in nicht abgekochtem Wasser bezeichnet werden. Sogar die Reinigung des Speisegeschirrs durch Eingeborene erschien bedenklich, da letztere vielfach an chronischer Dysenterie leiden. Dass die Ruhrstühle ansteckungsfähig sind, darf als zweifellos betrachtet werden.
Übertragungen der Ruhr auf das Pflegepersonal sind Dank der streng gehandhabten Lazaretthygiene trotz der ungünstigen sanitären Zustände im Feindeslande fern von der Heimat verhältnismäßig selten vorgekommen.

Vorboten. Inkubations-Dauer. Als erste Krankheitserscheinungen stellten sich gewöhnlich Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Druckgefühl und Leibschmerzen ein. Der Stuhlgang wurde unregelmäßig und nahm oft den Charakter des Durchfalls an. Ob durch solche katarrhsalische Affektion des Darms erst ein geeigneter Boden für die Entwickelung der Ruhrkeime geschaffen wurde, Oder ob diese Diarrhöen schon als dysenterische anzusehen waren, ist nach den bisher vorliegenden Berichten noch nicht entschieden.
Dass wie bei allen Krankheiten so auch bei der Ruhr die individuelle Disposition eine Rolle spielt, ist fraglos. Jedenfalls ist die Inkubationszeit der Ruhr verhältnismäßig kurz. In sehr vielen Fällen hat sie sicherlich den Zeitraum von 2 Tagen nicht überschritten.
Erhöhung der Körpertemperatur als Anfangserscheinung ist äußerst selten beobachtet worden; nur einmal soll die Erkrankung mit Schüttelfrost begonnen haben.

Krankheitszeichen und Verlauf. Als einen wesentlichen Unterschied im Vergleich mit anderen Infektionskrankheiten - namentlich mit Typhus - glaubt Stabsarzt Kramm den Umstand hervorheben zu dürfen, dass fast alle Krankheitserscheinungen der Ruhr die unmittelbare Folge der lokalen Krankheitsprozesse im Darm sind, wogegen die Zeichen einer Allgemeininfektion sehr in den Hintergrund treten und selbst in schweren Fällen häufig fehlen, eine Auffassung, welche durch die pathologisch- anatomischen Untersuchungen des Prof. Dr. Haasler bestätigt zu sein scheint.
Die hauptsächlichsten Krankheitserscheinungen waren zunächst immer häufige, blutig-schleimige Stühle mit mehr oder weniger heftigem und schmerzhaftem Stuhlzwang (Tenesmus), anfänglich aufgetriebener später eingesunkener Leib, Harnzwang und Abnahme der Urinmenge, bei erhöhtem Durstgefühl. Späterhin wurden in schweren Fällen die Darmausleerungen grauschwärzlich, eitrig, faulig stinkend und enthielten graugrüne Schleimhautfetzen bis zu Fünfmarkstückgröße, oder sie bestanden aus reinem Blut mit blutigen Gerinnseln. Wenn auch fast immer über allgemeine Empfindlichkeit des Unterleibs geklagt wurde, so war doch die Druckschmerzhaftigkeit in frischen Fällen zunächst auf die Gegend des S-Romanum beschränkt. Erst mit dem Fortschreiten der Krankheit ging auch die Schmerzhaftigkeit auf das Colon descendens, transversum und ascendens in der genannten Reihenfolge über. Besonders schmerzhaft war immer die Gegend der Kurvaturen des Dickdarms in der Nähe von Milz und Leber. Es wird hieraus der Schluss gezogen, dass der dysenterische Prozess gewöhnlich am unteren Dickdarmende beginnt und ‚von hier gegen die Bauhin’sche Klappe zu hinauf steigt. Der obere Teil des Verdauungskanals war, wie die stark belegte Zunge, Appetitmangel, Übelkeit und Erbrechen bewiesen, fast stets in Mitleidenschaft gezogen. Eine vollkommene Lähmung der Schließmuskeln des Afters wurde nur ausnahmsweise und ‚in den aller schwersten Fällen wahrgenommen. Eiweiß war bei normalem Verlauf im Urin nicht vorhanden. Zu erheblieberer Milzschwellung kam es nie. Dagegen war sehr oft die Leber von dem Krankheitsprozess berührt. Mehrere Berichterstatter haben beträchtliche Leberanschwellungen gesehen. Bei den Obduktionen fanden sich Fettinfiltration und Fettmetamorphose der Leber. Die Gallenabsonderung war - ähnlich wie die Harnabsonderung - verringert, anfangs manchmal ganz aufgehoben. Stabsarzt Kramm glaubt, den Wiedereintritt der Funktion als ein Zeichen beginnender Besserung ansprechen zu dürfen, und sieht darin zugleich einen Fingerzeig für die beim Heilverfahren zu beobachtende Diät. Das Verhalten der Körpertemperatur scheint bei normalem Verlauf keine besondere Rolle zu spielen. Stabsarzt Dansauer (Paotingfu) sah bei 79 Kranken 29 Mal. geringe, vorübergehende Temperaturerhöhungen, Stabsarzt Pfitzmann (Peking) nur bei 21 unter 136 Fällen mäßiges und meist remittierendes Fieber (nur bei 5 Kranken kamen Erhebungen bis zu 40 C. vor); Stabsarzt Kramm ist der Ansicht, dass die Temperatur bei Ruhr nur insofern von Bedeutung sei, als eine dauernde Erhöhung über 38,5 C. mit annähernder Sicherheit auf eine Komplikation hinweise. Ganz schwere Fälle gangränöser Ruhr liefen häufig ohne jede Steigerung der Eigenwärme ab. Von größerer Wichtigkeit ist dagegen das Verhalten des Pulses. Ein Kleiner werden desselben, welches in schweren Fällen verhältnismäßig früh eintreten kann, darf als ein Zeichen der Wasserverarmung des Körpers und des Sinkens der Herzkraft aufgefasst werden, und verlangt energische Maßnahmen.

Begleiterscheinungen. Nachkrankheiten. Als Erscheinungen, welche zwar noch zu dem Krankheitsbilde gehören, aber hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Ausgang den Komplikationen zugezählt werden müssen, sind in erster Linie die schon erwähnten Darmblutungen, ferner Darmperforation und Blinddarmentzündung (Perityphlitis) zu nennen.
Lebensgefährliche Darmblutungen, bei welchen die Stühle ganz aus Blut bestehen und welche in 5% der Krankheitsfälle beobachtet; worden, sind, pflegten sich nicht vor Anfang der 2. Krankheitswoche, einzustellen. Der Ausgangspunkt schien hauptsächlich im Colon ascendens und im Coecum zu liegen.
Noch später, gewöhnlich nicht vor der 3. Krankheitswoche, kam es zu Darmperforationen. Sie finden sich meist im Blinddarm oder im wurmförmigen Fortsatz.
Entzündungen in der Umgebung des Blinddarms waren nicht selten. Da das Coecum und Colon ascendens ein Lieblingssitz schwerer Veränderungen bei der Ruhr sind, so stellen sich der Diagnose, auf Peritypblitis nicht unerhebliche Schwierigkeiten entgegen. Es finden sich Symptome, welche eine Perityplilitis vortäuschen, ohne dass der Wurmfortsatz selbst beteiligt ist. Diese Erfahrung lässt den Rat Haaslers berechtigt erscheinen, peritoneale Komplikationen (Abszesse, auch Appendicitis) nur dann zu operieren, wenn der Durchbruch nach außen im Gange ist.
Von besonderer Bedeutung ist die Komplikation von Ruhr mit Leberabszessen. Letztere entwickelten sich schleichend und waren klinisch schwer zu erkennen. Ikterus war nie vorhanden, so dass eine Beteiligung der Gallenwege ausgeschlossen werden konnte. Eine nachweisbare, wenn auch unbedeutende Vergrößerung der Leber und geringe Schmerzhaftigkeit bei fortbestehendem, remittierendem Fieber mässigen Grades waren gewöhnlich die einzigen Merkmale, welche Abszessbildungen, in der Leber vermuten ließen. Da in mehreren durch Leberabszess komplizierten Fällen profuse Darmblutungen zur unmittelbaren Todesursache wurden, glaubt Professor Dr. Haasler an die Neigung gewisser Lebererkrankungen zur hämorrhagischen Diathese erinnern zu müssen. In einem Falle von multiplen Leberabszessen wurden unregelmäßige Schüttelfröste beobachtet.
Haasler hält es für wahrscheinlich, dass die Abszesse der Leber von tiefgehenden Darmnekrosen oder Geschwüren auf dem Wege der Pfortaderverzweigungen entstehen. Die multiplen Leber- (und auch Milz-) Abszesse sind seiner Ansicht nach gar nicht oder nur ausnahmsweise der operativen Behandlung zugänglich. Andrerseits ergibt sich aus den Operationslisten des Feldlazarettes No. 1 Tientsin, dass daselbst bis Ende 1901 von St.-A. Kramm 10 Fälle von Leberabszess nach Ruhr operiert sind mit nur einem Todesfall.
Übrigens zeigte die bakteriologische Untersuchung des Inhalts der Eiterhöhlen in den von Haasler beschriebenen Fällen niemals die Anwesenheit von Amöben, wohl aber fanden sich Coccen und Bakterien, welche dem Bakterium coli nahe zustehen schienen.
In einzelnen von anderer Seite beobachteten Fällen sind jedoch bei der Operation von Leberabszessen einmal auch in dem nach der Pleura durchgebrochenen Eiter Amöben gefunden worden.

1. Hilfsoboist T. hatte im Oktober 1900 in Tientsin einen Ruhranfall und erkrankte in Peking anfangs Februar 1901 von Neuem an Leibschmerzen und Durchfall. Am 15. Februar 1901ging er dem Feldlazarett 2 zu.

Der mittelkräftige, mäßig genährte Mann hatte, täglich 6-8 dünne, schleimige Stühle und war fieberfrei. Urin ohne Eiweiß.

Am 25. Februar abends Temperaturanstieg. Folgenden Tags Blut im Stuhl, heftiger Leibschmerz.

Weiterhin anhaltende Diarrhöen und Fieberverlauf wie in der Fiebertafel angegeben. 
Am 20. März nach voraufgegangenen profusen Darmentleerungen schmerzhafte Spannung der Bauchdecken, besonders in der Lebergegend. Leberdämpfung überragt in der Brustwarzenlinie den Kippenbogen um 2 ½ Fingerbreite. Widal. positiv. Nach einer fieberfreien Periode vom 1. bis 6. April erneutes remittierendes Fieber. - (siehe nebenstehende Fieber- Kurve)
Am 21. April Tod.

Sektion: Dünndarmsehleimhaut normal. Im Dickdarm, besonders gegen den Mastdarm zu, zahlreiche flache mit grauweißen, schleimigen Belag versehene Geschwüre von Wallnussgröße; in der um das Doppelte vergrößerten Leber multiple Abszesse. (St.-A. Dr. Pfitzmann.)


2. Musketier G. angeblich seit 12 Tagen krank und seit 8 Tagen an blutigen Durchfällen leidend, zeigte bei der Aufnahme in das Feldlazarett No. 4 starke Abmagerung, leichte Gelbfärbung der Haut und große Schwäche. Die Leber war massig vergrößert und allenthalben druckempfindlich. T. 38,3 C. Urin eiweißfrei, Schmerzen beim Urinlassen. Täglich 7-8 blutige Stuhlentleerungen.

In den nächsten Tagen unregelmäßige Schüttelfröste, anfallsweiße stärker auftretende Schmerzen in der Lebergegend, mehrfach Wadenkrämpfe. Unregelmäßig remittirendes Fieber, Puls kein, wenig beschleunigt.
Am 10. Behandlungstage plötzlich tödlicher Verfall.

Leichenbefund : Geringe Ascites, diffuse Trübung des Bauchfells, fibrinöser Belag auf dem Peritonealüberzug der Leber. Coecum in ein sulzig-fibrinöses Exsudat eingebettet, welches sich bis ins kleine Becken fortsetzt. Colon ascendens mit fibrösen Schwarten an die Nierenkapsel, die benachbarten Dünndarmschlingen und die untere Leberfläche angeheftet. Im rechten, mäßig vergrößerten Leberlappen 4 annähernd mannsfaustgroße Abszesse, von welchen einer mitten in der Lebersubstanz liegt, die anderen 3 bis unter den Peritonealüberzug reichen. Aus den Abszessen entleert sieh gelber, flockiger, dünnflüssiger, nicht übelriechender Eiter. Im Dickdarm von der Klappe abwärts in der verdichten Scb1eimbaut zahlreiche, ungefähr markstückgroße, unregelmäßig begrenzte, in einander übergehende Geschwüre mit wallartig aufgeworfenen Rändern und krümeligen, nekrotischem Belag. 15 cm unterhalb der Baubin’schen Klappe ein zirkuläres Geschwür mit eitrig belegtem Grunde, welchem auf der Außenseite des Darms eine festhaftende Schwarte entspricht, nach deren Entfernung eine Perforationsöffnung sichtbar wird, 18 cm weiter unten ein ähnliches.

Befund: Von der Flexura sigmoidea an nach abwärts nehmen die Geschwüre an Größe zu; das ganze Rectum bildet eine zusammenhängende geschwürige Fläche. (St.-A. Dr. Dansauer.)

3. Hilfstrompeter Henry L., Ostasiatisches Reiterregiment bzw. ostasiatische Eskadron Jäger zu Pferde. War im Revier in China vom 22.9. bis 29.9.00. wegen Durchfalls, vom 20. 6. bis 22. 6. 1901 wegen akuten Magenkatarrs, im Lazarett 1 Tientsin vom 27. 9. bis 22. 11. wegen chronischer Ruhr und Leberabszesses.
Vorgeschichte: 4-6 Tage vor der Lazarettaufnahme (1 Tientsin) Stiche in der Gegend des rechten Rippenbogens, angeblich zuerst nach anstrengendem Blasen. Vor 3 Tagen abends Schüttelfrost. 
Am 27. 9. früh Durchfall ohne Blut. Stiche unverändert.
Aufnahmebefund: Mittelgroßer, gutgenährter Mann. Klagt über Schmerzen in der Herzgrube bei der Pulsation. Perkussion schmerzhaft. Puls 102 kräftig; Temp. 39,6, Zunge weißlich belegt. Lebergrenzen in der rechten Achsellinie vom oberen Rand der 7. Rippe bis einen halben Finger über den Rippenbogen nach unten reichend; in der Brustbeinlinie 4 Finger über dem Nabel. Hochgradige Druckempfindlichkeit in der Brustbeinlinie. Kein Icterus. Milz nicht fühlbar. Stuhl gelblich, dünnflüssig mit reichlichem Schleim.
Behandlung: Calomel 3 X 0,1, Tee, Reiswasser, Rothwein, am 2.
Tage Inf. lpecae. deemet 4,0 : 190. Tannineinlauf.
Verlauf: 28. 9. Temp. 36,6 morgens, 38,6 abends.
29. 9. Da sich die Schmerzhaftigkeit in der Herzgrube deutlich abgrenzen lässt und für eine Magenerkrankung keine Anhaltspunkte vorliegen, Punktion der Leber in Chloroformbetäubung in der Mittellinie 1 Finger unterhalb des Schwertfortsatzes. Eiter. 10 cm langer senkrechter Schnitt durch Haut und Fascien bis auf das Netz, aus welchem sich Eiter entleert. Tamponade der Wunde. Aseptischer Verband. Nach der Operation geringe Beschwerden. Abendtemp. 38,4. Gutes Allgemeinbefinden, reger Appetit, kein Stuhl.
1.10. Temp. am 30. 9. Abends 37,9. Wahlbefinden. Erweiterung der Stichwunde, ans welcher Eiter nachgeflossen ist, ohne Narkose. Entleerung von 100 g dickfüßigen Eiters aus einer Heinapfelgrossen Abszesshöhle. Drainage. Aseptischer Verband.
3.10. Körperwärme nicht erhöht, Augenbindehäute gelb.
6.10. Sehr gutes Befinden. Kein Fieber. lcterus verschwunden. Abszesshöhle wallnussgroß, geringe Absonderung, Hautwunde kleiner. Stuhl angehalten.
13.10. Verlauf ohne Zwischenfälle. Stuhl normal. Wunde fast geschlossen. Steht eine Stunde auf.
18. 11. Keinerlei Beschwerden. Narbe fest, gut verschieblich. Obere Lebergrenze: oberer Rand der 6. Rippe; untere Grenze geht in der Brustwarzenlinie nicht über den Rippenbogen, schneidet die Mittellinie 8 cm oberhalb des Nabels und erreicht den linken Rippenbogen 4 cm innerhalb der Brustwarzenlinie. Keine Druckempfindlichkeit.
22. 11. Tropendienstunfähig entlassen.
29. 1. 1902. Untersuchung behufs Invalidisierung. Berlin. 165 cm großer, 67,5 kg schwerer, blühend aussehender Mann mit 83/91 cm Brustumfang. In der Mittellinie des Leibes zwischen Nabel und Schwertfortsatz eine 7 cm lange, bis 1,5 cm breite, blaurote, glatte, glänzende, fest verwachsene Narbe, welche sich bei Bewegungen des Körpers spannt und so Schmerzen bereitet. Leib im übrigen weich, schmerzlos. Stuhl geregelt geformt. Leber nicht nachweisbar vergrößert.
Als zeitig (2 Jahre) ganzinvalide entlassen.

4.  Jäger S., Ostasiatisches Reiterregiment bzw. Eskadron Jäger zu Pferde.
Vorgeschichte: 3 Wochen vor der jetzigen Erkrankung, 6 Tage lang Durchfall, vor 4 Tagen Durchfall und Leibschneiden. Am 12. 9. 1901 Blut im Stuhl, 6 Stuhlgänge. Aufnahme in das Lazarett 1 Tientsin.  
12. 9. Aufnahmebefund: Mittelgroßer, kräftiger, gut genährter Mann, Zunge weißlich belegt, Leib in der linhen Unterbauchgegend druckempfindlich. Milz nicht fühlbar. Stuhl dünnbreiig mit Blutspuren und reichlich Schleim.
Behandlung: Zunächst Calomel, Theo, Reiswasser, Rothwein, dann nach 2 Tagen Inf. Rhei 6/180,0 Natr. bicarb. 3,0.
Verlauf: 18. 9. Neigung zur Verstopfung unter täglichen Tannineinläufen. Decoot. Simarubae 10/180,0.
21. 9. Bisher kein Fieber. Abends 37,9. Stuhlgang angehalten. Klagen über Schmerzen unterhalb des rechten Rippenbogens. Betastung dieser Gegend sehr schmerzhaft. Eine Resistenz ist weder hier noch in der Blinddarmgegend nachweisbar. Leberdämpfung beginnt am oberen Rand der 6. Rippe und überschreitet den Rippenbogen nicht, ist in der Mittellinie 1 Finger unterhalb des Schwertfortsatzes nachweisbar.
22. 9. Heftige Schmerzen nachts, besonders in der mittleren Achsellinie, jedoch nicht genau umschrieben. Leberdämpfung unverändert. Temperatur 36,4-39,4, Puls beschleunigt, mäßig kräftig.
23.9. Unverändert starke Schmerzen. Geringe Gelbfärbung der Augenbindehäute. Obere Lebergrenze am unteren Rand der 5. Rippe. Leib weich, kein Erbrechen. Stuhl angehalten. Urin eiweißfrei. Malariaparasiten nicht gefunden. Temp. 38,2 Morgens, 40,1 Mittags, 39,9 Abends.
24.9. In der mittleren und hinteren Achsellinie ein Finger unterhalb des rechten Rippenbogens starke Druckempfindlichkeit. Lebergrenze unverändert. Stuhl auf Einlauf dünnbreiig mit Schleim. Temp. 37,5-38,7. In der Annahme, dass es sich um einen umschriebenen peritonitischen Prozess an der Dickdarmbiegung handelt, wird 2stdl. 10 Tropfen Tinct. opii simpl. gegeben, worauf die Schmerzen verschwinden.
25. 9. Verfallenes Aussehen. Keine Beschwerden. Bewusstsein klar. Sehr geringe Gelbfärbung der Augenbindehäute. Über der rechten Lunge hinten unten abgeschwächtes, bronchiales Atmen mit feinem Knistern. Kein Husten und Auswurf. Temp. 39,0-39,4.
Behandlung: Tct. opii 2stdl. weiter, Kochsalzinfusion.
26. 9. Schallabschwächung, über den unteren Partien der rechten Lunge deutlicher und ausgebreiteter. Nachmittags wieder heftige. Schmerzen. Puls besser 112. Temp. 38,2. Behandlung wie gestern und Morph. subkutan.
27.   9. Da die Erscheinungen der Lungenverdichtung auf eine rasche Lebervergrößerung hinweisen und die Gelbfärbung sowie der Fieberverlauf die Vermutung eines eitrigen Prozesses der Leber nahe legen, Probestich in Narkose. Beim 6. Einstich im 8. Zwischenrippenraum in der hintern rechten Achsellinie zeigt die Nadelspitze einen kleinen Eiterpfropf, jedoch gelingt es nicht, Eiter anzusaugen. Nunmehr Resektion eines 6 cm langen Stückes der 8. Rippe, Eröffnung der Pleura. Eine durch das vorliegende Zwerchfell ausgeführte Punktion ergibt dicken, zähen, gelblichen Eiter. Stumpfe Durchtrennung des Zwerchfells im Muskelfaserverlauf, wobei sich Eiter aus der Punktionsstelle entleert. Da hiernach eine Verwachsung zwischen Zwerchfell und Leber anzunehmen ist, wird lose tamponiert und aseptisch verbunden, nachdem durch Vernähung der Rippen- mit der Zwerchfellpleura ein Schutz gegen die Infektion des Pleuraraums von dem Abszess her geschaffen ist. Kochsalzinfusion. Puls 102 kräftig. Nach der Operation keine Klagen.
28.9. Morgens geringe Beschwerden, abends heftige Schmerzen in der alten Gegend. Leib weich, nicht druckempfindlich, kein Erbrechen. 5 dünne Stühle mit Schleim. Temp. 37,2. Puls 96 kräftig. Morph. subkutan.
29.9. Leidliches Wohlbefinden. Erweiterung der Punktionsöffnung, die sich durch Eiterausfluss kennzeichnet, ohne Narkose auf 4 cm. Es fließt aus einer apfelgroßen, nach unten gehenden Höhle etwa l/. 1 Eiter aus. Drainage. Pleuraraumverschluss ist dicht. Aseptischer Verband. Temp. 36,6--38,3. Puls 84 kräftig.
30.   9. Stärkere Gelbfärbung. Urin frei von Eiweiß, Gallenfarbstoffe vorhanden. Malariaparasiten im Blut nicht gefunden. Temp. 37,2-38,4. Puls 92 kräftig.
3. 10. Temperatur immer noch nicht normal. Allgemeinbefinden gut. Über der rechten Lunge Dämpfung und abgeschwächtes Atemgeräusch bis zum Schulterblattwinkel, Probestich im 7. Zwischenrippenraum ergibt seröse Flüssigkeit, in der keine Amöben gefunden werden. Gelbfärbung geringer. Leberdämpfung beginnt in der Achsellinie am oberen Rand der 6. Rippe. Expektorantion.  
5. 10. Beim Verbandwechsel zeigt sich, dass von der Haupthöhle ein enger Gang an den Rippen entlang nach vorn in einen zweiten kleineren Abszess von Wallnussgröße führt. Ikterus verschwunden. Temperatur noch abends erhöht. Rechts hinten unten noch handbreite Dämpfung.
9. 10. Grosse Wundhöhle verkleinert sich und zeigt feste Wände in der Tiefe. In dem kleineren Abszess noch morsche Fetzen. Dämpfung rechts hinten unten unverändert. Punktion ergibt ein seröses Exsudat. Starker Appetit. Temp. abends noch erhöht.
14.10. Patient erholt sich sichtlich. Wunde secernirt wenig, zeigt gute Granulationsbildung, ist noch pflaumengroß. Rechts hinten unten 3 fingerbreite Dämpfung, leises Reiben bei abgeschwächtem Atemgeräusch. Temperatur nicht mehr über 37,4.
24. 10. Patient nimmt rasch zu, ist munter und ohne Klagen. Sekretion minimal. Temperatur normal. .
15.   11. Leber reicht in der Brustwarzenlinie vom oberen Rand der 6. Rippe bis 2 cm unterhalb des Rippenbogens, sie schneidet die Mittellinie 6 cm oberhalb des Nabels und erreicht den linken ‚Rippenbogen in der Paarasternaallinie. Keine Druckempfindlichkeit. Über der rechten Lunge hinten unten eine 2 cm hohe Schallverkürzung. Atemgeräusch rein vesikulär. Fremitus beiderseits gleich.
23. 11. Mit völlig verheilter Operationswunde und noch bestehender Lebervergrößerung als tropendienstunfähig zur Truppe entlassen.
Untersuchung: Berlin, 29. 1. 1902. Klagen über 5pannende Schmerzen in der Lebergegend, besonders bei körperlichen Anstrengungen. 165,5 cm großer, 67 kg schwerer, gesund aussehender, gut genährter Mann mit 83/93 cm Brustumfang. An der rechten Seite des Brustkorbs eine 10 cm lange bis 1 cm breite, blaurote, glatte, glänzende, verwachsene Narbe. Leichte Abschwächung des Lungenklopfschalls unterhalb der Narbe. Rechte untere Lungengrenze weniger verschieblich wie linke. Atemgeräusch vesikulär. Fremitus beiderseits gleich. Leib weich, Druck auf die Lebergegend etwas empfindlich. Lebergrenzen: Oberer Rand der 6. Rippe, Rippenbogen in der rechten Brustwarzenlinie, linke Parasternallinie. Stuhl regelmäßig, geformt. Urin frei von Eiweiß und Zucker, klar.
Als dauernd ganzinvalide entlassen.

5.  August K., Militär-Krankenwärter, Ostasiatisches Feldlazarett 1. Früher gesund. Seit 25. 8. angeblich Durchfall. Am 29. 8. Entleerung von Schleim und Blut.
3. 9. Lazarett-Aufnahme: Mäßig genährter Mann. Zunge graubraun belegt. Linke Bauchseite druckempfindlich. Leber nicht vergrößert. Temperatur s. Curie. Zunächst Calomel-Behandlung, dann Tannineinläufe.
7.  9. Lebergegend sehr schmerzhaft. Milz nicht vergrößert. Widal negativ (1 : 50).
21. 9. Verlauf bisher ohne besondere Veränderungen. Leberdämpfung -oberer Rand der 6. Rippe, unterer Rand in der Mammillarlinie mit dem rechten Rippenbogen abschneidend, der deutlich vorgewölbt ist. Kein. Ikterus, kein. Schüttelfrost. Probepunktion in Narkose. Beim 2. Einstich Eiter. Operation durch Stabsarzt Dr. Kramm. 10 cm langer Schnitt dem Rippenbogen parallel. Peritoneum nicht mit Leber verwachsen. Aseptische Tamponade zwischen Bauchfell und Leberoberfläche:


23. 9. Vernähung der Ränder des Bauchfellschnittes mit der Leberoberfläche in Narkose, nachdem Punktion des vorliegenden Leberabschnittes wieder Eiter ergeben hatte.
25. 9. Incision der Leber. Entleerung von ½ Liter dickflüssigen, gelblichen Eiters aus einer keinfaustgroßen Höhle. Drainage. Aseptischer Verband.
3. 10. Wohlbefinden. Temperatur normal. Kein lcterus. Starke Sekretion aus der Höhle, die sich infolge der Leberschrumpfung mehr und mehr unter den Rippenbogen zurückzieht und, nur noch einen sehr engen Zugang aufweist. Um völligen Verschluss zu verhüten, wird in Narkose, im 7. Zwischenrippenraum in der Parasternallinie ein 7 cm langer Schnitt geführt. Vernähung der Pleura costalis und diaphragmatica,. Aseptischer Verband. , Nach der Operation heftige Schmerzen in der rechten Bauchseite.
7. 10. In Narkose wird zwischen den Nahtreihen das mit der Leberoberfläche verwachsene, Zwerchfell durchtrennt und die frühere Wunde mit der neuen durch eine Kornzange, welche mühelos durch die dünne Leberschicht gestoßen wird, verbunden. Abszesshöhle noch keinapfelgroß. Drainage. Tamponade eines kleinen Einrisses der. verwachsenen Pleurablätter. Nach der Operation starke Schmerzen. Puls klein, hebt sich nach Kampfer.
14. 10. Wohlbefinden. Fortschreitende Besserung. Wunde verkleinert sich. Sekretion lässt nach. Ränder der Höhle glatt. Stuhl schon seit längerer Zeit breiig, zeitweise mit Schleimspuren. Tannineinläufe, Decoct. simarubae. Der Heilungsverlauf war auch weiterhin ungestört.
Am 23. 12. wurde K. mit gutem Allgemeinbefinden und geschlossener Operationswunde entlassen. Stuhl normal.
Untersuchung 16. 4. 1902 Berlin: 158 cm großer Mann. 58 kg schwer, von gesundem Aussehen. Zunge leicht belegt. Appetit gut. Verdauung regelrecht. Leberdämpfung in der rechten Brustwarzenlinie vom oberen Rand der 5. Rippe bis zum freien Rippenbogen, in der Mittellinie bis 5 cm unterhalb des Schwertfortsatzes reichend. Narben der Operationswunden glatt, braunrot, beide verwachsen mit der Unterlage, die im 7. Zwischenrippenraum. verlaufende schmerzt bei Druck und bei der Atmung, die andere ist unempfindlich.

6. Nach 5tägigem Durchfall wurde der Artillerist Karl L. von Schmerzen in der Lebergegend befallen und am 12. September 1901 in das Feldlazarett 11 Tientsin aufgenommen. Hier fand man bei der ersten Untersuchung eine erheblich vergrößerte, druckschmerzhafte Leber, deren Unterer Rand 2 Fingerbreit unter Nabelhöhe deutlich gefühlt werden konnte. Es bestand leichter leterus. Am 16. September traten 2 Schüttelfröste auf. Die Schmerzen in der Lebergegend nahmen zu. Zwei Tage später wurde durch Einstich in den 5. rechten Zwischenrippenraum in der Brustwarzenlinie dünnflüssiger Eiter entleert. Deswegen in Chloroformbetäubung Schnitt parallel der Längsachse des Körpers über 5. und 6. Rippe in der bezeichneten Linie. Stumpfe Durchtrennung des Zwerchfells, unter welchem deutliche Fluktuation nachweisbar. Entleerung von 1/4 1 Eiter, in welchem zahlreiche Amöben gefunden wurden. Tamponade der Pleurahöhle. Aseptischer Verband. In den folgenden Tagen reichliche Eiterung, zunehmende Gelbsucht, abendliche Temperatursteigerung. Vom 23. September Besserung obwohl aschgraue, dünne, schleimige Stühle das Fortbestehen von Ruhr anzeigten. Die Abszesshöhle reinigt sieh, zeigt nach unten eine Ausbuchtung, welche einen engen, für den Finger durchgängigen Zugang hat. Es scheint sich demnach um 2 Abszesse gehandelt zu haben. In der rechten Pleurahöhle sammelt sich eine geringe Menge klarer Flüssigkeit an, welche einzelne Amöben enthält. Langsame, aber stetig fortschreitende Genesung. Die übrig bleibende Narbe ist 12 cm lang, mit den Rippen verwachsen und oben trichterförmig eingezogen. L ist bei seiner Invalidlisierung im Mai 1902 in gutem Ernährungszustande, von frischem, blühenden Aussehen und ohne jede, Beschwerden.

Von sonstigen Komplikationen sind zu erwähnen Erkrankungen der Atmungsorgane, (Bronchitis, Bronchopneumonie und Pleuritis), Gelenkschwellungen, - welche verhältnismäßig leicht vorübergingen-, Milz- und Niereninfarkte. Zweimal traten skorbutähnliche Erscheinungen auf, und zweimal sah man während der dysenterischen Darmerkrankung eine Thrombose der vena, femoralis eintreten, welche in einem Falle die Amputation des Oberschenkels notwendig machte.

Ruhr und Typhus. Einer Doppelinfektion von Ruhr und Typhus geschieht 8 mal Erwähnung. Gewöhnlich 8-10 Tage nach Beginn der Dysenterie machten sich die ersten Typhuserscheinungen bemerkbar. Haasler fand bei 4 einschlägigen Sektionen die Ruhr in Ausheilung begriffen oder bereits nahezu abgelaufen. In zwei von diesen Fällen war der Tod im ersten Stadium des Typhus lediglich durch die Intensität des Krankheitsprozesses verursacht, in den beiden anderen durch komplizierende Lungen bzw. Nierenentzündung. Auch in der Rekonvaleszenz von Ruhr wurden einzelne Leute von Abdominaltyphus befallen und umgekehrt Typbusrekonvaleszenten von Ruhr.
Wenn man das gehäufte Auftreten von Ruhr und Typhus, welches 1900 im Oktober und - nach den vorläufigen Zahlen - 1901 im Juni und Juli seinen Höhepunkt erreicht hatte, im -Allgemeinen betrachtet, so lässt sich deutlich eine unmittelbare zeitliche Aufeinanderfolge der Typhusepidemie auf’ die Ruhrepidemie erkennen. Ob diese Erscheinung damit zu erklären ist, dass der Typhus eine längere Inkubationszeit hat als die Ruhr, muss vor der Hand dahingestellt bleiben.

Krankheitscharakter, Krankheitsdauer, Rückfälle. Die ersten zahlreichen und heftigen Ruhrerkrankungen hatte das Marinedetachement auszuhalten, welches in heißen Tagen die außerordentlich anstrengenden Märsche zum Entsatz von Peking mitgemacht hatte und dann in dem äußerst unsauberen, dichtbevölkerten Chinesenstadtteil untergebracht war. Die später eintreffenden Truppenteile des Expeditionskorps fanden bessere Unterkunftsverhältnisse in der Tartarenstadt. Nach Eintritt kühlerer Witterung und geordneter hygienischer Verhältnisse nahm die Erkrankungsziffer ab.

In Tientsin trat die Ruhr unter den deutschen Truppen im September und Oktober 1900 so bösartig auf, dass bei 33 % aller Fälle Gefahr für das Leben bestand, während ca. 67 % als leicht bezeichnet werden konnten. In Paotingfu bat die Epidemie einen besonders großen Umfang nicht angenommen. Die ersten Erkrankungen in neu ankommenden Truppenteilen waren besonders schwer. Je länger der Aufenthalt in demselben Ort um so leichter war die Krankheit unter den Soldaten. Einige Berichterstatter sind geneigt, diese Erscheinung auf eine gewisse, während des Aufenthalts erworbene Immunität zurückzuführen. Ebenso nahe liegt aber auch die Erklärung, dass bei längerem Aufenthalte bessere hygienische Einrichtungen getroffen werden konnten -und dass die Leute selbst, durch die Erkrankungen anderer klug gemacht, den ärztlichen Anordnungen mehr Folge leisteten.

Wenn man von den ersten Ruhrerkrankungen des zum Entsatz von Peking vormarschierten Marine-Detachements absieht, so hatte unter den 3 genannten Hauptstandorten das Expeditionskorps Tientsin am meisten unter der Ruhrepidemie zu leide -n, Peking und Paotingfu waren - ebenso wie auch beim Typhus - in viel geringerem Grade daran beteiligt. Manche Berichterstatter erklären diese Tatsache mit der Lage Tientsins am Peiho, dessen Wasser allerdings als hochgradig verseucht angesehen werden muss.

Bemerkenswert ist ferner die Erfahrung, dass mit dem Eintritt der kalten Jahreszeit die Schwere der Erkrankungen nachließ. Selbst in Fällen, in welchen auf Grund genauer Untersuchung eine größere Ausdehnung des dysenterischen Prozesses über Dickdarm und Blinddarm angenommen werden musste und noch im September die Prognose sehr bedenklich war, trat im Januar ein Umschwung zur Besserung ein. Alle Krankheitszeichen schwanden um diese Zeit schnell. Die im Januar, Februar und März hinzugekommenen frischen Fälle verliefen durchweg leicht. Im Frühjahr, mit Eintritt ~ der warmen Jahreszeit, nahm die Ruhr wieder einen gefährlicheren Charakter an. Man nimmt an, dass die Virulenz der Ruhrerreger zu den verschiedenen Jahreszeiten mehr oder weniger hochgradig ist. Ob jene Erscheinung durch diese, Annahme genügend geklärt ist, oder ob auch noch andere Faktoren dabei mitgewirkt haben, muss noch weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.

Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug in Paotingfu. 26, die kürzeste 8 Tage (4 Fälle); 24 Kranke (von 79) mussten länger als 26 Tage in Behandlung bleiben. Genauere Angaben liegen aus Peking vor. Hier beanspruchten die zur Heilung gelangten Ruhrfälle 4--118 Tage, während bei den Gestorbenen der Tod zwischen dem 1. und 66. Krankheitstage eingetreten war. Im Durchschnitt waren für alle Kranken (136) 30,9,2 Behandlungstage erforderlich. Wenn man die besonders langwierigen Fälle ausschaltet, so ermäßigt sich die Durchschnittszahl der Behandlungstage auf 22.

Rezidive will Stabsarzt Pfitzmann 10 mal, Stabsarzt Dansauer (Paotingfu) 4 mal beobachtet haben, für welche eine abermalige Lazarettbehandlung von 13--66 Tagen nötig wurde. Ob diese Rezidive der Ruhr einer Neuinfektion gleichzustellen waren, lässt sich im Übrigen aus dein -Berichten nicht sagen, möglicherweise handelt es sich häufiger um ein Wiederaufflackern eines fortbestehenden krankhaften Darmprozesses, welcher längere Zeit symptomlos geblieben war. Intervalle relativen Wohlbefindens und scheinbar normaler Darmfunktion kennzeichnen überhaupt die chronische Form der Ruhr. 4 Fälle in Peking nahmen einen so schleppenden Verlauf, dass bis zur Wiederherstellung 2-4 Monate vergingen. Im Garnisonlazarett, 1 Berlin lagen noch im Januar 1902 3 Ruhrkranke aus dem Ostasiatischen Expeditionskorps, bei welchen neben ungeregelter Darmtätigkeit von Zeit zu Zeit wieder Blut und Schleim im Stuhl gefunden werden konnte. Sie waren 6 Monate und länger krank.

In einzelnen Fällen traten auch bei Leuten des Expeditionskorps, die nach überstandener Ruhr und längerer Beobachtung im Barackenlazarett Bremerhaven als geheilt vom Militär entlassen waren, in der Heimat Rückfälle auf und führten zu erneuter Aufnahme in ein Garnisonlazarett. Im Ganzen sind 3 derartige Fälle bekannt geworden, bei denen während der erneuten Aufnahme Amöben, aber keine Ruhrbazillen im Stuhl nachgewiesen werden )konnten. Bei einem 4. Teilnehmer der ostasiatischen Expedition zeigte sich ein Rückfall nach seiner Rückkehr, während er sich auf Urlaub befand.

Sterblichkeit. Von 862 Kranken starben 37; die Sterblichkeit betrug mithin insgesamt, 4,7 % In Tientsin machte sie 4,0 %, in Paotingfu 2,6 % und in Peking 6,6 % aus. Der Tod stellte sich meistens in der 2.-4. Krankheitswoche ein. Von 26 Todesfällen in Tientsin kamen 1 auf September, je 10 auf Oktober und November, 3 auf Dezember 1900, je 1 auf Januar und April 1901. Die 3 letzten Sterbefälle waren durch chronische Ruhr bedingt. Allgemeiner Kräfteverfall, .- Herzschwäche, Darmblutung, Darmperforation mit Bauchfellentzündung, Durchbruch von Leberabszessen in die Bauchhöhle, komplizierende Lungen- und Nierenentzündungen waren die unmittelbaren und mittelbaren Todesursachen.

Behandlung. Bei der Behandlung spielte eine nach dem Krankheitsstadium geregelte Ernährung die wichtigste Rolle. Anfangs erhielten die Kranken nur Rotwein, Reiswasser und Tee, später Haferschleim, Milch, Eier, Fleischbrühe, alle Getränke lauwarm. Sobald die Anzahl der Stühle auf 2 am Tage gesunken war, wurde Cakes, Weißbrot und Hübnerfleisch probeweise gereicht; doch war man mit dem Übergang zur festen Kost um so vorsichtiger, je öfter es sich zeigte, dass Ruhrrekonvaleszenten in Bezug auf die Ernährung sehr empfindlich sind und dass Neigung zu Rückfällen vorlag. Schwierigkeiten bereitete die Beschaffung der Nahrungsmittel in China von Anfang an nicht. Kondensierte Milch, Wein, Tee waren im Lazarett vorhanden. Chinas ausgedehnte Geflügelzucht bot Eier für Rekonvaleszenten, auch Hühner in großer Menge.

Die arzneiliche Behandlung war in den verschiedenen Lazaretten ziemlich übereinstimmend. Zunächst bekamen die Kranken Calomel und. Rizinusöl 1-2 Tage lang, je nach der Schwere der Erkrankung. Falls man auf starkes Ergriffensein der untern Darmabschnitte - S.-Romanum und Colon descendens - schließen konnte, wurde im Feldlazarett 1 Tientsin eine hohe Eingießung von 1,0-1,5 1 einer .0,1 proc. Höllensteinlösung gleich bei der Aufnahme gemacht und nötigenfalls am 2. Tage wiederholt. Stabsarzt Kramm rühmt den Erfolg dieser Maßregel sehr. Jeder von ihm so behandelte frische Fall hat einen günstigen Ausgang genommen, Prof. Dr. Haasler rät, die Einläufe im Stadium der Geschwürsbildung zu unterlassen. Vom 3. Tage an wurde Inf. lpecacuanhae deemetin 3,0 : 190 stündlich 1 Esslöffel, dem er bei Brechneigung Tinctura Opii simplex 1,0 hinzufügte, gegeben. Ipecacuanha wurde auf diese Weise gut vertragen, gern genommen und wirkte besser als Tannin, Tannigen, Tannalbin, Wismut, Radix Colombo und Dower’sches Pulver. Opium, welches wiederholt bei Perityphlitis und Darmblutung verwandt wurde, schien die Ruhr sehr ungünstig zu beeinflussen; es traten starke Darmblähungen ein, die Stühle wurden nach einigen Tagen zahlreicher, missfarbener und übelriechender als vorher. Kramm verwirft das Opium auch bei dysenterischer Blinddarmentzündung. Vom 3. Krankheitstage ließ er hohe Darmeingießungen von 5-10 g Tannin auf 11 Wasser verabfolgen und mit denselben fortfahren bis zum Anfang der 3. Woche, da vordem Darmperforation nicht zu erwarten ist. In chronischen Fällen, in welchen dem annähernd normalen Stuhl dauernd Schleimfetzen beigemischt sind, hält er diese Darmausspülungen. für unentbehrlich und den Gebrauch der emetinfreien Ipekakuanha und der Cortex Simarubae, welche in akuten Fällen nicht selten Übelkeit und Erbrechen hervorrief, für wirksam. Stabsarzt Pfitzmann ließ zu Darmeinläufen auch Bor- oder Salicyl-Lösungen benutzen und innerlich Simaruba oder täglich 3 mal 3 Pillen aus: Pelletierini pur. 0,1, Myrobalanorum indic.
7,5, Extr. granati 1,5 Extr. rosar. 1,5, Gummi arab. 0,75 nehmen =  das so genannte Antidysentericum. Für die Nachbehandlung empfiehlt er Eisenpräparate, Chinarinde, Levicowasser. - Stuhlzwang bekämpfte man erfolgreich mit Cocaeinzäpfchen. Gegen anhaltenden Leibschmerz hatte Kramm eine Zeit lang Warmwasserumschläge brauchen lassen, gab dieselben später aber als sehr gefährlich auf, da sie eine Hyperämie verursachen und nach seiner Meinung Darmblutungen entschieden begünstigen. Gegen die quälenden Leibschmerzen leistete oft das Einführen eines Darmrohres gute Dienste, weil dadurch das Entweichen der Gase erleichtert war. Darmblutungen erheischten den subkutanen Gebrauch von Extr. secal. cornut. dialys. und innerliche Gaben von Plumb. acet. Subkutane Einspritzungen von Kochsalzgelatine waren wirkungslos. Erlahmen der Herzkraft mit Kleinerwerden des Pulses erforderte Excitantien und Kochsalzinfusionen in häufiger Wiederholung. Stabsarzt Kramm glaubt durch letztere einer Zahl von Kranken das Leben gerettet zu haben und rät zu ihnen, sobald .der Puls anfängt, schwächer zu werden.

Pathologische Anatomie: Professor Dr. Haasler fand bei allen Sektionen sehr schwere Darmveränderungen, welche fast stets auf den Dickdarm allein lokalisiert waren. Am häufigsten und schwersten zeigte sich der unterste Abschnitt des Dickdarms, sein Anfangsteil mit dem Coecum, an dessen Klappe sich - die Veränderungen oft deutlich abgrenzten, am Krankheitsprozess beteiligt. Die Krümmungen, Flexura sigmoidea und lienalis waren den. Zerstörungen besonders anheim gefallen, die Zwischenabschnitte weniger erkrankt, doch hörten in den übelsten Fällen alle lokalen Unterschiede auf. Die Geschwüre hatten zumeist länglich runde Form, waren quergestellt mit wallartig aufgeworfenen Rändern, welche zuweilen unterminiert waren, so dass man unter Schleimhautbrücken lang die Sonde zum benachbarten Gewebsgrunde führen konnte. Von der rot- oder grünschwarzen Scb1.eimbaut hoben sich die Geschwüre scharf ab. Am Grunde hafteten nekrotische Gewebsmassen. An den gereinigten Geschwüren erkannte man häufig die freiliegende streifige Muscularis, oder die Darmwand war in der Tiefe des Geschwürs papierdünn, so dass an der Außenfläche des Darms die Geschwürstellen durch schwarzrote oder grünliche Flecken bezeichnet waren. Sekundäre Peritonitis und Darmperforation waren deswegen häufig. Bei Bauchfellentzündung hatte öfter zu Verziehungen und Abknickungen des Dickdarms Veranlassung gegeben, ohne dass es jedoch zu Darmverschluss gekommen war. In verschiedenen Fällen war die tödliche Peritonitis durch Abszesse in Leber und Milz, die ihren Inhalt in, die Bauchhöhle ergossen hatten, erzeugt. Da Coecum und Colon aseendens häufig von sehr schweren Veränderungen und Zerstörungen betroffen waren, ist es nicht auffallend, dass mehrfach der Blinddarm selbst, der Sitz einer Perforation war. In diesen Fällen war der Appendix nur sekundär beteiligt, seine Schleimhaut befand sich im Stadium hämorrhagischer Entzündung, war zuweilen mit Geschwüren besetzt, erschien öfter auch äußerlich bereits erkrankt, war verfärbt, abgeknickt, und mit der Umgebung verklebt oder auch in Schwarten eingebettet.

Ein sicheres Urteil, ob die häufiger beobachtete Bauchfellentzündung von dem Darm oder von den eben erwähnten Leber- und Milzabszessen ausgegangen war, konnte nicht immer abgegeben werden. Haasler hat viermal Leberabszesse gesehen, ein 5. Fall, in welchem Perforation des Abszesses in die freie Bauchhöhle tödliche Peritonitis erzeugt hatte, war von anderer Seite beobachtet. In allen 4 Fällen lagen schwere Dickdarmveränderungen in verschiedenen Stadien vor; man fand in den tiefen Teilen des Darms verheilte Geschwüre und in den oberen Abschnitten neben solchen auch frischere von ovaler Form mit aufgeworfenen Rändern und mit gereinigtem Grunde. Dreimal konnte die Herkunft profuser, vor dem Tode erfolgter Blutungen aus den Gefäßen des Geschwürsgrundes festgestellt werden. Einmal war ein einzelnes Gefäß die Quelle, meist aber musste die Summierung von Blutungen aus zahlreichen Geschwüren angenommen werden. Unter dem nekrotischen Geschwürsgrunde und in der Umgebung der Ränder findet sich häufig eine hyperämische, mit Blutungen durchsetzte Gewebsschicht. Werden. die Nekrosen abgestoßen, so ist die Bahn für die Blutung in den Darm. frei; sie wird sehr reichlich, wenn viele Geschwüre vorhanden sind. Eine andere Möglichkeit des Zustandekommens der Blutungen ist die aus den dünnwandigen, netzartig ausgebreiteten Gefäßen des Geschwürsgrundes. In einem solchen Falle saß auf dem Grunde des völlig gereinigten Geschwürs, das bis auf die sehr gefäßreiche Serosa ging, ein erbsgroßer Blutspfropf, welcher die Öffnung eines Gefäßchens verschloss. Nach Entfernung des nur mäßig festhaftenden Pfropfens konnte man einen Blutstropfen aus dem Gefäß ausdrücken.

Erwähnenswert ist, dass in allen 4 Fällen von Leberabszess, der rechte Lappen der Hauptsitz der Erkrankung war, so wie dass immer mehrfache (multiple) Abszessbildung vorlag. Die Abszesse wiesen vermöge des verhältnismäßig langsamen Fortschreitens der Entzündung eine feste Begrenzung gegen das gesunde Nachbargewebe auf. In- ihrem Innern waren die Blutgefässe noch lange Zeit erhalten, während die meist in fettiger Degeneration befindlichen Leberzellen der Zerstörung keinen dauernden Widerstand entgegensetzten - ein Umstand, der für die Frage der narbigen Ausheilung solcher Abszesse nicht ohne Bedeutung ist. Über den Entstehungsweg der Leberabszesse ließ sich pathologisch-anatomisch ein abschließendes Urteil nicht gewinnen, doch geht die Infektion wahrscheinlich durch Vermittelung der Pfortaderverzweigungen vor sich.

Zweimal hatte sich ein Leberabszess eine Verbindung nach dem Brustfellraum gebahnt; zweimal fanden sich Abszesse der Bauchhöhle in der Ileocoecalgegend, die, anscheinend gleichaltrig oder auch älter wie die Leberabszesse, mit diesen kaum in Zusammenhang standen.

Milzinfarkte wurden dreimal, Milzabszesse zweimal gesehen, beide Male bei sehr schweren Ruhrfällen. Auch hier sei betreffs der Einzelheiten auf die angeführte Veröffentlichung verwiesen.
Vergesellschaftet waren die Milzabszesse mit Niereninfarkten und Thrombosen größerer Gefäße der Gliedmassen. Sie rührten wohl zweifellos von den fast stets vorhandenen Krankheitsherden in den Lungen (Bronchitis, Bronchitis purulenta, bronchopneumonischen Herden, Abszessein) her, zumal sowohl Endocardium wie Herzlappen gesund waren.

Während die Milzabszesse starke Entzündungserscheinungen im Gefolge hatten, waren bei den Infarkten dieselben gering.

Die Pleura war auch hier einmal bei der Erkrankung in Folge Durchbruchs eines Milzabszesses beteiligt.

Lungen- und Pleuraveränderungen wurden abgesehen von den oben genannten beiden Abszessen - auch sonst häufig, etwa bei der Hälfte aller Leichenöffnungen. nach Ruhr gefunden, sie waren teils älteren, teils frischeren Datums, teils leichterer, teils schwererer Art. Die Lungenherde hatten manchmal Ähnlichkeit mit den bei andern schweren -Darmerkrankungen (Gangrän) vorkommenden.

Bei den reinen Ruhrfällen war die Todesursache in den weitgehenden Zerstörungen der Dickdarmschleimhaut, dem dadurch bedingten Ausfall der Funktion des Dickdarms sowie in den schon erwähnten Komplikationen, Blutungen und den Bauchfellentzündungen zu suchen.

Ein nennenswerter Unterschied in Bezug auf den Beginn und den Verlauf hat sich, abgesehen von stärkeren Darmblutungen, welche als Folge der schwereren Veränderungen der Darmschleimhaut bei den Krankheitsfällen in China beobachtet wurden, zwischen den Ruhrerkrankungen der Döberitzer Epidemie und den aus Ostasien stammenden nicht nachweisen lassen.

Ein solcher besteht dagegen in erheblichem Masse auf pathologisch-anatomischern Gebiet, indem in China viel bedeutendere und weiter verbreitete Veränderungen der Dickdarmschleimhaut. als in Deutschland gefunden wurden, sowie besonders große in die Tiefe der Darmwand dringende Geschwüre mit Darmperforationen. und altgemeiner, öfters zu Verziehungen und Abknickungen, nicht aber zum völligen Verschluss des Dickdarms führenden Bauchfellentzündung. Leber- und Milzabszesse, von denen die Döberitzer Kranken völlig frei waren, kamen in China mehrfach vor.

Die vorbeugenden Maßnahmen müssen bei der Ruhr im Wesentlichen dieselben sein wie bei Unterleibstyphus. Es ist zunächst dafür zu sorgen, dass lebensfähige, infektionstüchtige Ruhrkeime nicht verstreut werden und dass dadurch die Möglichkeit einer Infektion überhaupt vermieden wird. Da Ruhrkeime nach den- bisherigen Erfahrungen den erkrankten Körper nur durch den Stuhl verlassen, so sind die Stuhlentleerungen der Ruhrkranken streng zu desinfizieren. Ebenso sind die Gebrauchsstücke der Kranken einer Desinfektion zu unterwerfen. Die Kranken selbst sind zur Vermeidung von Übertragungen zu isolieren; das Pflegepersonal hat die Vorschriften der persönlichen Reinlichkeit und Antiseptik genau zu beachten. Per Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung ist die größte Sorgfalt zuzuwenden. Bei der durch Bazillen verursachten Ruhr käme die von Kruse erprobte Schutzimpfung mit abgetöteten Reinkulturen in Frage. Zur Zeit kann es als entschieden noch nicht angesehen werden, ob ihr Schutzwert ein so erheblicher ist, dass sich ihre Durchführung im Grossen bei Epidemien oder im Kriege empfiehlt.  

 

Kranken-Akten

Krankenblatt des Wilhelm vom Dorp
vom 04. Dezember 1900 bis 07. Februar 1901.
Fieber-Tafel des Wilhelm vom Dorp vom 01. Dezember bis 31. Dezember 1900
Fiebertafel des Wilhelm vom Dorp
Totenschein

                          Peking, den 1.12.1900

Todesbescheinigung

daß der Seesoldat Hermann, Heinrich Friedrich Wische der 4.Kompagnie I. Seebataillon am 30.11.1900 12:40
im Marine-Feldlazarett zu Peking an    
verstorben ist,              bescheinigt der Chefarzt              
Marinestabsarzt

Stempel: Kaiserl. Marine
* I. See-Bataillon